Was man sich vor dem Kauf eines Pferdes gut überlegen sollte

Der Wunsch nach einem eigenen Pferd ist für viele ein großer Herzenswunsch – ein Schritt, der das Leben bereichern und ganz neue Erfahrungen ermöglichen kann. Doch ein Pferd zu besitzen ist weit mehr als nur ein schönes Hobby. Es ist eine Verantwortung, die Zeit, Wissen, Geduld und vor allem viel Herz braucht.

Gerade wenn du dir nicht einen „Sportartikel“ anschaffen möchtest, sondern eine Partnerin fürs Leben, ist es besonders wichtig, diesen Schritt gut vorbereitet und bewusst zu gehen. Denn die Beziehung zu einem Pferd kann eine tiefe Verbindung von Körper, Geist und Natur schaffen – ähnlich wie die Yoga-Praxis. Damit diese Beziehung harmonisch wächst, solltest du vor dem Kauf einige wichtige Aspekte reflektieren.

Warum willst du ein eigenes Pferd?

Als Erstes solltest du dir die Frage ehrlich beantworten: Was ist mein persönlicher Grund für ein Pferd? Möchtest du vor allem reiten und Ausritte in der Natur genießen? Oder liegt dir die ganzheitliche Arbeit mit dem Pferd am Herzen – inklusive Pflege, Füttern, Bodenarbeit und täglichem Umgang? 

Vielleicht suchst du einen Partner, mit dem du gemeinsam Ruhe findest und bewusst Zeit in der Natur verbringen kannst. Oder du möchtest deine Yoga-Praxis durch achtsames Reiten ergänzen und die Verbindung von Körper und Geist auch im Sattel weiter vertiefen.

Deine Motivation hilft dir, das Pferd zu finden, das wirklich zu dir passt, und gibt dir Orientierung, wie viel Zeit und Energie du investieren möchtest. Und sie wird dir schlussendlich helfen, herauszufinden, ob es nicht noch eine andere Option gibt – wie z. B. ein Pflegepferd, regelmäßiger Reitunterricht oder Reitferien.

Die realistische Einschätzung von Zeit und Kosten

Der Alltag mit einem Pferd ist oft anders als erwartet. Vielleicht kennst du die eine oder andere Pferdebesitzerin, die vor lauter Stallarbeit, Hufpflege, Misten etc. gar nicht mehr viel zum Reiten kommt?

Sei dir bewusst: Zum Reiten kommen tägliche Aufgaben wie Putzen, Füttern, Stallarbeit, Hufpflege, Tierarztbesuche und Training hinzu. Ein Pferd braucht regelmäßige Bewegung, soziale Kontakte zu anderen Pferden und eine artgerechte Haltung. Das alles zu ermöglichen, braucht Planung – und Zeit.

Gerade wenn du beruflich eingespannt bist oder eine Familie hast, ist es wichtig, dass du dir genau überlegst, wie viel Zeit du täglich für dein Pferd aufbringen kannst und möchtest.

Auch die finanziellen Aufwendungen sind nicht zu unterschätzen: Von der Anschaffung über Futter, Ausrüstung, Tierarzt, Hufschmied, Versicherung bis hin zu eventuellen Reparaturen oder Ausbildungskosten (hierzu habe ich einen Artikel verfasst: „Was kostet ein Pferd in der Schweiz“).

Es hilft, schon einmal Ställe in deiner Gegend anzuschauen, die dir gefallen und zu deinem zukünftigen Pferd passen könnten. Unter Umständen ist dein Traumstall recht teuer, oder dir gefällt ein Stall, bei dem Stallarbeit erwartet wird. Passt das zu deinem Lebensstil und deinem Budget?

Bedenke auch, dass dein Traumstall eventuell 40–50 Minuten von deinem Zuhause entfernt ist. Bist du bereit, regelmäßig so lange unterwegs zu sein? Was ist, wenn dein Pferd krank wird und täglich – oder sogar mehrmals am Tag – ein Verbandswechsel nötig ist? Macht das der Stall?

Viele Pferdebesitzer*innen sind schockiert, wenn sie eine Wunde über mehrere Wochen zweimal täglich versorgen müssen. Wenige haben Zeit dafür – und nicht jeder Stall übernimmt solche Pflege. Und wenn doch, kann das ganz schön ins Geld gehen.

Man soll nicht immer vom Schlimmsten ausgehen, aber es lohnt sich, gewisse Szenarien durchzuspielen. Erstelle dir ein realistisches Budget und schau, ob das mit deiner aktuellen Lebenssituation überhaupt vereinbar ist.

Welche Pferderasse und welcher Charakter passt zu dir?

Pferde sind genauso individuell wie wir Menschen. Von temperamentvoll und lebhaft bis ruhig und gelassen gibt es viele unterschiedliche Typen und Rassen. Wichtig ist, dass dein Pferd zu deinem Reitniveau, deinem Umgang und deiner Lebenssituation passt.

Auch das Alter deines zukünftigen Pferdes ist ein Thema: Ein jüngeres Pferd benötigt meist mehr Geduld und Erfahrung im Training, während ältere Pferde oft ruhiger, aber auch gesundheitlich anspruchsvoller sein können.

Sei ehrlich mit dir. Wenn du wenig Zeit hast, ist ein junges, energetisches Pferd, das täglich gefordert und gefördert werden will, wohl nicht das Richtige. Auch die Auslastung durch fünf Reitbeteiligungen ist nicht zu empfehlen.

Manchmal ändern sich die Umstände plötzlich und unerwartet. Doch es hilft, ein wenig vorauszudenken und zu überlegen: Möchte ich (noch mehr) Kinder? Brauche ich dann wirklich ein Distanzpferd oder vielleicht doch lieber einen zuverlässigen Familienpartner?

Wenn du noch eher am Anfang deiner Reitkarriere stehst, ist ein gut ausgebildetes (ja, die sind beim Kauf teurer) Verlasspferd oft die bessere Wahl als ein günstiges Pferd aus der Tierrettung, das intensive, professionelle Betreuung braucht – und dich am Ende mehr kosten wird als ein gut ausgebildetes Pferd.

Wenn du noch nicht genau weißt, was du möchtest, lies über die verschiedenen Pferderassen, bilde dich weiter oder sprich mit jemandem, der Erfahrung in diesem Bereich hat. Das sind meist nicht die Züchter*innen von Spezialrassen – diese werden dir natürlich immer ihre eigene Rasse empfehlen. Sprich mit jemandem, der mit vielen verschiedenen Rassen gearbeitet hat.

Die richtige Haltung und Umgebung

Wo und wie dein Pferd leben wird, hat großen Einfluss auf sein Wohlbefinden – und damit auch auf eure Beziehung. Pferde sind Herdentiere, die Sozialkontakt brauchen und genügend Platz für Bewegung und Auslauf.

Naturnahe Haltung mit regelmäßigem Weidegang, Zugang zu frischer Luft und ausreichend Bewegung ist ideal. Informiere dich vorab über die Ställe, Reitwege und Trainingsmöglichkeiten in deiner Nähe. Ist der Stall gut erreichbar? Gibt es artgerechte Bedingungen? Solche Fragen sind entscheidend, um langfristig Freude mit deinem Pferd zu haben.

Aktuell ist Gruppenhaltung sehr beliebt. Doch auch das ist nicht für alle Pferde ideal: Rangniedrige Pferde kommen oft nicht zu genügend Futter, finden keine Ruhe zum Liegen und können dauerhaft gestresst sein.

Es gibt nicht die eine perfekte Haltung – wichtig ist, dass die Haltung zu deinem Pferd passt. Was sicher nie gut ist: reine Boxenhaltung. Pferde sind Weitwander-Tiere. Sie brauchen Bewegung und Auslauf. Die tägliche Dressurstunde ist nicht die Bewegung, die sich ein Boxenpferd wünscht.

Pferde können nicht sagen: „Hier gefällt es mir nicht, ich suche mir einen neuen Stall.“ Wir sind für ihr Wohl verantwortlich. Sie geben uns Freundschaft, Freiheit und eine tiefe Verbindung zur Natur. Als Gegenleistung erwarten sie eine artgerechte Haltung – mit großzügigem Auslauf, Sozialkontakt, Beschäftigung, regelmäßiger Fütterung, Zugang zu Wasser und einem Unterstand.

Professionelle Unterstützung nutzen

Vor dem Kauf solltest du dein Wunschpferd möglichst intensiv kennenlernen. Reite es ausgiebig, beobachte sein Verhalten und lasse es von einem Tierarzt oder erfahrenen Trainer überprüfen. Eine Ankaufsuntersuchung kann gerne an die 1’000 CHF kosten – sie erspart dir aber später unter Umständen deutlich höhere Gesundheitskosten.

Der Austausch mit erfahrenen Pferdebesitzerinnen oder Reitlehrerinnen ist ebenfalls wertvoll.

Wenn du dir nicht sicher bist: Geh noch einmal vorbei. Lass dich nicht unter Druck setzen („es hat noch andere Interessenten“). Ein Pferd kann über 30 Jahre alt werden. Je nachdem, in welchem Alter du es kaufst, kann das eine jahrzehntelange Verantwortung bedeuten. Überlege dir wirklich gut, bevor du Ja sagst.

 

Der Kauf eines eigenen Pferdes ist ein großer Schritt, der dein Leben auf wundervolle Weise bereichern kann – wenn du ihn mit Respekt, Wissen und Achtsamkeit angehst.

Nimm dir Zeit für deine Entscheidung, bereite dich gut vor und schaffe Raum für eine Beziehung, die auf Vertrauen, Geduld und gegenseitigem Respekt basiert. So wird dein Pferd nicht nur dein treuer Begleiter, sondern auch ein Spiegel deiner inneren Haltung – und eine Quelle für Freude, Ruhe und gemeinsames Wachstum.

Posted on May 31, 2025 .