Do Nothing

Ich höre momentan Do Nothing von Celeste Headlee, und dieses Buch trifft einen Punkt, der in unserem Alltag oft untergeht. Headlee beschreibt sehr klar, wie wir in eine Kultur hineingeraten sind, in der Beschäftigtsein als Normalzustand gilt und in der wir Leistung ständig mit persönlichem Wert vermischen. Während ich zuhöre, merke ich, wie vertraut mir vieles davon ist. Nicht, weil ich es will, sondern weil ich über Jahre genau in diesem Muster gelebt habe (und manchmal auch immer noch lebe).

Was mir gefällt: Sie romantisiert Pausen nicht. Sie zeigt, wie sehr unser Nervensystem unter Daueranspannung steht, wenn wir keinen Raum lassen, in dem nichts passiert. Und sie zeigt auch, wie schnell wir anfangen, selbst die freien Momente zu optimieren – als müsste jede Minute messbar sein. Ich erkenne mich darin wieder. Ich war lange jemand, der dachte, dass ein voller Kalender Sicherheit bedeutet. Heute spüre ich eher, wie erschöpfend dieses Tempo ist.

Was ich spannend finde: Genau das, worüber Headlee schreibt, spielt in meinen Retreats eine grosse Rolle. Ich, aber auch alle Yoga-Lehrerinnen, die mit mir arbeiten, vermitteln immer wieder, wie wichtig es ist, Pausen einzulegen, innezuhalten und einmal ruhiger zu werden. Viele Retreats sind bewusst langsam, besonders die Reiten & Yoga Retreats mit viel Schritt. Und gerade dann kommen oft Themen hoch. Die Teilnehmerinnen sind lange mit sich selbst unterwegs, und viele merken, wie ungewohnt es geworden ist, einfach nur zu sein – mit dem Pferd, mit der Landschaft, mit der Stille –, ohne etwas leisten zu müssen oder ständig beschäftigt zu sein.

Ich sehe dieses innere Ringen häufig: der Wunsch, sich zu beschäftigen, obwohl der eigentliche Wert genau im Nichtstun liegt. Und trotzdem finde ich gerade diese Momente wichtig. Sie zeigen viel, sie öffnen etwas, und sie machen sichtbar, wie sehr wir uns an Tempo und Ablenkung gewöhnt haben. Ich merke, wie sich meine Retreats immer mehr in diese Richtung entwickeln. Weg von „höher, schneller, weiter“, hin zu mehr Klarheit, Raum und Einfachheit. Versteh mich nicht falsch: Ich bin ein grosser Fan von Tempo, und ich liebe unsere Retreats in Marokko. Aber auch dort gibt es unzählige Momente, in denen nichts passiert ausser Sein. Ich schätze unser Team dort sehr, weil die Mitarbeitenden Zeit haben. Zeit, um miteinander zu reden, um einen Witz zu machen, um präsent zu sein. Sie sind nicht gestresst, und das spürt man sofort.

Headlee bezieht sich auf Forschung aus Psychologie und Arbeitssoziologie, die klar zeigt, dass Pausen nicht das sind, was übrig bleibt, wenn alles erledigt ist, sondern die Grundlage dafür, dass wir überhaupt nachhaltig denken und handeln können. Trotzdem halten viele an der Idee fest, dass erst Leistung kommt und dann Erholung. Dieses Muster sitzt tief.

„Nichts tun“ klingt banal, ist aber in Wahrheit ein klarer Gegenentwurf zu dem, was wir gewohnt sind. Es bedeutet, die Lücken nicht sofort zu füllen. Es bedeutet, auszuhalten, dass man einmal nicht produktiv ist. Und es bedeutet auch, sich selbst wieder ernst zu nehmen.

Das Buch von Celeste Headlee kann ich dir empfehlen.

Den Link dazu findest du hier >>

Posted on December 8, 2025 .

Wie innere Ruhe die Kommunikation mit Pferden verändert

Dieser Gedanke von Mark Rashid begleitet mich schon lange: dass viele Menschen keinen Druck geben wollen, weil sie gelernt haben, dass Druck etwas Hartes oder Unangenehmes ist. Etwas, das leicht kippt. Etwas, das mit Ärger oder Kontrolle verbunden sein kann. Und genau deshalb entsteht dieses vorsichtige Zögern, das viele kennen. Man möchte etwas sagen, man möchte führen – und gleichzeitig zieht sich etwas im eigenen Körper zusammen, weil man Angst hat, in einen Ton zu fallen, den man selbst nicht mag.

Was mir immer wieder auffällt: Es ist selten der Druck selbst, der schwierig ist. Es ist der emotionale Hintergrund, der ihn verfärbt. Und diese Färbung spüren Pferde sofort, lange bevor sie überhaupt verstehen können, was wir wollen. Pferde lesen unseren Körper, unseren Atem, unsere innere Spannung. Sie orientieren sich an dem, was zwischen den Worten passiert. Und genau dort entsteht oft die Verwirrung – oder die Klarheit.

Wenn wir innerlich ruhig sind, fühlen Pferde sich sicher. Wenn wir angespannt sind, spüren sie das, auch wenn wir uns bemühen, langsam oder vorsichtig zu sein. Für Pferde zählt nicht, wie sanft eine Bewegung aussieht, sondern wie ruhig sie sich anfühlt. Und genau da liegt der Knackpunkt: Viele von uns verbinden Druck nicht mit Ruhe, sondern mit einem inneren Ort, den wir lieber vermeiden würden. Vielleicht, weil wir es früher so erlebt haben. Vielleicht, weil alte Muster noch im Körper stecken. Vielleicht einfach, weil wir Angst haben, etwas falsch zu machen.

Diese Unsicherheit zeigt sich dann oft als übervorsichtiges Handeln. Man wird so weich, dass keine Richtung mehr entsteht. Nicht, weil man achtsam sein möchte, sondern weil man sich selbst zurückhält. Und damit wird der Kontakt zum Pferd nicht leichter, sondern eigentlich schwieriger, weil die Orientierung fehlt. Pferde brauchen keine Perfektion. Sie brauchen Verlässlichkeit. Und Verlässlichkeit entsteht dort, wo jemand innerlich klar ist – nicht dort, wo jemand versucht, nichts falsch zu machen.

Genau hier setzt Rashids Gedanke an. Es geht nicht darum, Druck zu vermeiden oder zu dosieren wie eine Zahl auf einem Messgerät. Es geht darum, ihn aus einem Zustand heraus zu geben, der ruhig ist. Ein Zustand, in dem keine Geschichte mitläuft. Keine alte Anspannung. Kein innerer Widerstand. Druck wird dadurch nicht zu etwas „Feinem“ oder „Symbolischem“. Er bleibt das, was er ist: ein Teil der Kommunikation. Nur ohne zusätzliche Emotion.

Für mich ist das der Moment, in dem sich unterwegs mit Pferden am meisten verändert. Auf einem langen Ritt, in einer neuen Umgebung oder einfach im Alltag: Sobald man innerlich ankommt und klar wird, reagieren Pferde anders. Nicht, weil man weniger macht. Und nicht, weil man mehr macht. Sondern weil man es aus einem anderen Zustand heraus macht. Ein Zustand, der nicht gegen sich selbst arbeitet. Ein Zustand, der nicht angestrengt ist. Ein Zustand, der nicht versucht, etwas zu vermeiden.

Druck wird dann nicht zu einem „kleinen Impuls“, sondern zu einer klaren Handlung, die nicht mehr aufgeladen ist. Wenn man beispielsweise die Hand schliesst, den Körper ausrichtet oder etwas mehr Präsenz in die eigene Bewegung bringt, dann ist das keine Drohung, kein Test und kein Kommentar, sondern einfach eine Richtung. Eine Entscheidung. Etwas, das nicht hängen bleibt, sondern weiterfliesst, sobald das Pferd sich orientiert.

Und genau so erleben es Pferde auch: Sie spüren, ob etwas klar gemeint ist oder unsicher. Sie spüren, ob wir im Moment sind oder in unserem Kopf. Sie spüren, ob Druck etwas mit ihnen zu tun hat – oder mit uns.

Was mir daran so wichtig erscheint, ist die Verbindung zum eigenen Nervensystem. Yoga und das bewusste Arbeiten mit dem Körper haben mir gezeigt, wie sehr unsere innere Ruhe oder Unruhe jedes kleine Detail verändert. Wenn wir angespannt sind, wird jede Kleinigkeit schwer. Wenn wir ruhig sind, lösen sich viele Dinge von alleine. Und beim Reiten ist es genau gleich. Nicht, weil Pferde „sensibel“ sind, sondern weil sie ehrlich sind. Sie spiegeln, was da ist – nicht, was wir gerne hätten.

Am Ende geht es für mich nicht darum, Druck schönzureden oder zu vermeiden. Es geht darum, ihn so zu verwenden, dass weder Mensch noch Pferd das Gefühl haben, man müsse sich schützen. Druck ist ein Teil des Dialogs. Aber der Ton dahinter entscheidet, ob dieser Dialog anstrengend wird oder natürlich bleibt.

Je länger ich darüber nachdenke, desto mehr merke ich, dass es oft gar nicht ums Reiten geht. Es geht darum, wie wir Entscheidungen treffen. Wie wir führen. Wie wir Grenzen setzen. Wie wir präsent bleiben, ohne hart zu werden. Und wie wir uns erlauben, klar zu sein, ohne in alte Muster zu rutschen.

Vielleicht ist das am Ende der Punkt: Klarheit entsteht nicht durch Technik, sondern durch innere Ruhe. Und wenn Druck nicht mehr mit Spannung verbunden ist, sondern mit Präsenz, dann verändert sich die ganze Beziehung – ohne dass man grosse Worte darüber verliert.

Posted on December 1, 2025 .

Warum Akzeptanz ehrlicher ist als Optimismus

Seit ein paar Jahren fällt mir immer wieder auf, wie sehr wir uns an positive Gedanken klammern, wenn es innerlich eigentlich eng wird. „Think positive“ – als wäre es ein Pflaster, das alles abdeckt, was wir im Moment nicht spüren möchten. In der Yogaszene sieht man das oft: viel Licht, viel Liebe, viel Lächeln. Und manchmal bleibt das Schwierige dann einfach irgendwo im Schatten stehen, schön verpackt, aber eben nicht gelöst.

Ich kenne das von mir selbst. Ich habe lange versucht, Dinge wegzudenken oder mir einzureden, dass es ja „eigentlich gut ist“. Rückblickend merke ich, wie oft ich in dieser Phase über meine eigenen Grenzen gegangen bin. Positive Gedanken fühlen sich angenehm an, aber sie sind nicht stark genug, um die Realität zu halten, wenn dahinter etwas anderes ruft. Und irgendwann kommt der Moment, in dem man versteht: Es gibt keine Abkürzung. Der einzige Weg ist durch das, was gerade da ist – nicht darum herum.

Manchmal zeigt sich das in kleinen Fragen, die leise im Hintergrund laufen: Was funktioniert gerade nicht? Was habe ich überhört? Wo tue ich so, als wäre alles gut, obwohl mein Körper längst protestiert? Diese Fragen stellen sich nicht, um uns fertigzumachen, sondern um uns wieder in Kontakt zu bringen. Sie holen uns zurück zu dem, was ehrlich ist.

Etwas, das oft auftaucht, wenn wir anfangen, auf uns selbst zu hören, ist Schuld. Schuld dafür, dass wir etwas für uns tun statt für andere. Schuld dafür, dass wir Grenzen setzen. Schuld dafür, dass wir nicht mehr alles erlauben – weder anderen noch uns selbst. Aber inzwischen sehe ich diese Schuld als Zeichen dafür, dass etwas in Bewegung kommt. Wir fühlen sie, weil wir uns aus alten Mustern lösen. Weil wir beginnen, für uns selbst einzustehen. Das fühlt sich zuerst ungewohnt an, aber es ist ein gutes Zeichen.

Auf unseren Reiten & Yoga Retreats erlebe ich das immer wieder. Menschen kommen an, oft müde, überfüllt, manchmal auch ein wenig verloren. Und im Rhythmus der Tage – zwischen Pferden, Natur, Gespräch und Stille – entsteht plötzlich Raum. Da wird nicht einfach über etwas drüber meditiert. Da wird nichts beschönigt. Stattdessen entsteht Akzeptanz: Die Fähigkeit, das anzuschauen, was gerade wirklich da ist. Nicht mehr und nicht weniger.

Vielleicht ist es genau das, was wir verlernen, wenn wir uns zu sehr an Positivität orientieren. Wir verlieren einen Teil unserer emotionalen Intelligenz. Wir sagen eines, fühlen aber etwas anderes. Wir halten unser Gesicht freundlich, obwohl unser Inneres eng ist. Wir verbessern unsere Worte, statt unseren inneren Kompass. Und irgendwann wissen wir nicht mehr genau, was echt ist und was wir uns eingeredet haben.

Es gibt einen Moment, in dem die Oberfläche nicht mehr trägt. Und genau dann beginnt etwas Neues. Wenn wir aufhören, uns selbst zu überlisten. Wenn wir durch das gehen, was weh tut, statt uns davor zu verstecken. Wenn wir nicht länger so tun, als wären wir schon „erleuchtet“, nur weil wir alles schönreden.

Ich glaube, echte Veränderung beginnt dort, wo wir uns wieder erlauben, ehrlich zu spüren. Da, wo wir verstehen, dass Akzeptanz nicht bedeutet, alles gut zu finden, sondern endlich aufzuhören, uns selbst aus dem Weg zu gehen. Und da, wo wir uns nicht mehr dafür entschuldigen, dass wir uns um uns selbst kümmern.

Posted on November 22, 2025 .

Du musst es selbst tun – aber du kannst es nicht alleine tun

Es gibt diesen Satz, der einen erst kurz stutzen lässt und dann genau ins Schwarze trifft: Du musst es selbst tun – aber du kannst es nicht alleine tun. Veränderung beginnt immer bei uns. Niemand kann fühlen, was wir fühlen, niemand kann für uns die Muster lösen, die uns seit Jahren begleiten. Und gleichzeitig brauchen wir Menschen, die neben uns stehen, die uns spiegeln, uns erinnern und den Raum offenhalten, bis wir selbst wieder klarer sehen. Genau deshalb gibt es unsere individuellen Reiten & Yoga Retreats auf San Jon mit Tanja. Sie sind keine Ferienwoche, sondern ein Ort, an dem man sich Zeit nimmt für das, was im Alltag oft untergeht: echte Wahrnehmung, ehrliche Begleitung und genügend Ruhe, um sich selbst wieder zu spüren.

Psychologie und Neurowissenschaften zeigen seit Jahren, wie stark wir auf Co-Regulation angewiesen sind. Dr. Kristin Neff beschreibt, wie Mitgefühl – sowohl das eigene als auch das, das uns begegnet – Veränderung erst möglich macht. Dr. Daniel Siegel betont in seiner Interpersonal Neurobiology, dass das Nervensystem sich an Beziehung orientiert und dort am ehesten lernt, neue Wege zu gehen. Und Gabor Maté schreibt in When the Body Says No, dass Heilung nur dann entsteht, wenn wir unser eigenes Erleben zulassen und es gleichzeitig in einem sicheren Rahmen halten können. Diese Mischung aus Selbstwahrnehmung und Begleitung ist das Fundament jeder echten Veränderung.

Auf San Jon entsteht genau dieser Raum. Yoga schafft eine Verbindung zum Körper, die im Alltag oft verloren geht. Die Weite der Berge bringt etwas zur Ruhe, das man mit Worten kaum greifen kann. Und die Pferde reagieren auf das, was wirklich da ist – nicht auf das, was wir nach aussen zeigen wollen. Mit Tanja hast du eine Begleitung, die sehr genau spürt, wo du stehst, ohne dich in eine bestimmte Richtung zu drängen. Ihr Coaching ist klar, bodenständig und fein zugleich. Es lässt Fragen auftauchen, auf die man im Alltag selten kommt, und es erlaubt Themen sichtbar zu werden, die man schon lange mit sich herumträgt. Die Pferde machen diesen Prozess ehrlich: sie zeigen dir, wo du festhältst, wo du beschleunigst, wo du dich zurückziehst. Yoga übersetzt es zurück in deinen Körper. Und im Coaching entsteht daraus ein Verständnis, das im eigenen Leben plötzlich Sinn macht.

Coaching wirkt, weil es dir hilft, deine eigenen Antworten zu finden, statt dir Lösungen von aussen überzustülpen. Forschung aus der Positiven Psychologie – etwa die Self-Determination Theory von Deci & Ryan – zeigt, wie stark Menschen wachsen, wenn Autonomie, Kompetenz und Verbundenheit zusammenkommen. Genau das passiert in einem individuellen Retreat: du triffst deine Entscheidungen selbst, du lernst dich und die Pferde besser lesen und gleichzeitig bist du nicht alleine mit dem, was sich zeigt.

Für unsere Zielgruppe – Menschen, die viel Verantwortung tragen, im Beruf, in der Familie oder im eigenen Anspruch an sich selbst – ist das besonders wertvoll. Viele funktionieren gut, oft zu gut. Was fehlt, sind Räume, in denen man nicht funktionieren muss. Orte, an denen man hinschauen darf, ohne bewertet zu werden, begleitet ohne gedrängt zu werden und verstanden ohne grosse Worte.

Und genau hier wird dieser Satz zu etwas, das man nicht nur versteht, sondern erlebt: Du musst es selbst tun – aber du kannst es nicht alleine tun. Ein Retreat auf San Jon ersetzt keine Lebensentscheidungen, aber es kann ein Anfang sein. Ein Anfang für mehr Klarheit, für eine stabilere Verbindung zu dir selbst und für den Mut, deinen eigenen Weg bewusster zu gehen.

Mehr Infos zu unseren individuellen Reiten & Yoga Retreats auf San Jon >>

Posted on November 16, 2025 .

Reiten und Yoga als Weg zur inneren Heilung

Reiten und Yoga können mehr verändern, als man von aussen sieht. Es ist nicht nur Bewegung, nicht nur Entspannung oder Zeit in der Natur. Es sind zwei Wege, die uns lehren, wieder zu spüren. Sie bringen uns zurück in den Körper, dorthin, wo jede Form von Heilung beginnt.

Viele Menschen merken erst im Sattel oder auf der Matte, wie viel Spannung sie mit sich tragen. Wie sehr der Atem flach geworden ist, wie automatisch sie funktionieren, ohne sich selbst wahrzunehmen. Im Zusammenspiel mit einem Pferd oder im stillen Atemrhythmus einer Yogastunde zeigt sich das, was lange übergangen wurde – und genau darin liegt die Kraft dieser beiden Praktiken.

Gabor Maté beschreibt in When the Body Says No, dass Krankheit oft dort entsteht, wo wir uns selbst verlassen. Wo wir Gefühle abspalten, um weiter zu funktionieren. Wo wir nicht mehr spüren dürfen, was uns eigentlich schmerzt. Der Körper aber vergisst nichts. Er trägt das Unausgesprochene weiter, bis er irgendwann spricht – über Müdigkeit, Verspannung, Entzündung oder innere Leere.

Reiten und Yoga sind kein Ersatz für Therapie. Aber sie schaffen einen Erfahrungsraum, in dem das, was im Inneren feststeckt, wieder in Bewegung kommen darf. Beim Reiten entsteht Verbindung nicht durch Kontrolle, sondern durch Präsenz. Ein Pferd folgt keinem Menschen, der sich selbst nicht spürt. Es reagiert auf den Zustand unseres Nervensystems – auf Druck, Anspannung, Unruhe oder Vertrauen. Wenn wir reiten, lernen wir, diesen inneren Zustand wahrzunehmen und zu regulieren. Wir atmen tiefer, werden klarer, ruhiger. Studien zeigen, dass sich Herzrhythmen von Mensch und Pferd angleichen können, wenn Vertrauen entsteht. Das Nervensystem findet über diese Co-Regulation zurück in Balance.

Im Yoga passiert Ähnliches. Die Bewegung öffnet Räume, der Atem bringt Bewusstsein dorthin, wo Spannung sitzt. Wissenschaftliche Untersuchungen belegen, dass regelmässige Yogapraxis die Aktivität des Parasympathikus stärkt, Stresshormone reduziert und die Herzfrequenzvariabilität verbessert. Der Körper lernt, zwischen Anspannung und Entspannung zu wechseln – etwas, das vielen Menschen nach Jahren des Dauerfunktionierens verloren gegangen ist.

Wir können nicht heilen, ohne zu wissen, was wir wissen, und ohne zu fühlen, was wir fühlen. Dieser Satz beschreibt das Wesen beider Wege. Beim Reiten wie im Yoga geht es nicht darum, etwas zu leisten, sondern ehrlich zu werden. Hinzuspüren, wo wir festhalten, wo wir uns schützen, wo wir weich werden dürfen. Heilung geschieht, wenn wir aufhören, zu verdrängen, und beginnen, wahrzunehmen – mit offenen Augen, ruhigem Atem und einem Körper, der wieder Vertrauen fasst.

Es ist kein lauter Prozess. Oft beginnt er in den kleinen Momenten: ein Atemzug, der tiefer wird. Ein Pferd, das sich entspannt. Eine Bewegung, die leichter wird, weil der Widerstand nachlässt. Heilung heisst nicht, dass alles verschwindet. Es heisst, dass wir wieder bei uns ankommen.

Posted on November 11, 2025 .

Gedanken, Gewohnheiten und Wandel

Wie Veränderung wirklich entsteht – im Leben, im Sattel, auf der Matte

Ein Gedanke ist nichts weiter als ein Impuls. Doch wenn wir ihn immer wieder denken, formt er sich zu etwas Beständigem – zu einer Überzeugung, einem Glaubenssatz. Und mit der Zeit sinkt er tiefer, bis er nicht mehr bewusst gedacht werden muss. Er wird zur Gewohnheit.

Neurobiologisch lässt sich das gut erklären: Wiederholte Gedanken aktivieren dieselben neuronalen Netzwerke im Gehirn, wodurch sich die Verbindungen zwischen den Nervenzellen verstärken. Dieses Prinzip nennt sich Hebb’sches Lernen – „Neurons that fire together, wire together“. Was wir also häufig denken, verankert sich im Gehirn. Es wird leichter abrufbar, automatischer, unbewusster. So entstehen Routinen – im Denken, Fühlen und Handeln.

Wenn wir eine Gewohnheit ändern möchten, reicht es deshalb selten, nur das Verhalten zu verändern. Der Ursprung liegt tiefer – in dem Gedanken, der das Verhalten auslöst.

Auch im Umgang mit Pferden begegnen uns diese Automatismen. Wir reagieren oft schneller, als wir denken können: ein kurzer Zug an den Zügeln, ein Anspannen des Körpers, ein angehaltener Atem. Diese Muster sind im Nervensystem gespeichert, gespeist von alten Erfahrungen und den Gedanken, die daraus entstanden sind – etwa „Ich verliere sonst die Kontrolle“ oder „Ich muss das halten“.

In dem Moment, in dem wir beginnen, unsere Reaktionen zu beobachten, öffnet sich ein Zwischenraum. Ein kleiner Moment zwischen Reiz und Reaktion. Genau dort liegt die Möglichkeit zur Veränderung. Wenn wir statt automatisch zu handeln, innehalten, atmen, wahrnehmen, was gerade in uns geschieht, verändert sich etwas. Wir beginnen zu verstehen, dass unser Pferd nicht auf unsere Worte reagiert, sondern auf unseren inneren Zustand – auf Spannung oder Ruhe, auf Vertrauen oder Kontrolle.

Genau diese Qualität des Beobachtens ohne zu werten lernen wir im Yoga. Durch die bewusste Verlangsamung entsteht Raum, wahrzunehmen, was ist. Wir spüren, wie sich Gedanken, Emotionen und Körperempfindungen gegenseitig beeinflussen. Vielleicht merken wir, dass wir in einer Haltung den Atem anhalten, sobald es anstrengend wird, oder dass wir innerlich hart werden, wenn etwas nicht so gelingt, wie wir es wollen. Yoga lädt uns ein, all das zu sehen – ohne es sofort zu verändern.

Dieses bewusste Wahrnehmen, ohne zu urteilen, ist der erste Schritt zu echter Veränderung. Denn erst wenn wir uns selbst beobachten können, erkennen wir, welche Gedanken und Gefühle unser Handeln lenken. Wir beginnen, uns unserer Muster bewusst zu werden. Und mit diesem Bewusstsein entsteht Wahlfreiheit. Wir können neu entscheiden – im Yoga, im Sattel, im Leben.

Studien zeigen, dass regelmässige Achtsamkeitspraxis die Aktivität des präfrontalen Cortex stärkt, also jener Hirnregion, die für Selbstregulation, Emotionskontrolle und bewusstes Entscheiden verantwortlich ist. Achtsamkeit ist somit kein „Zur-Ruhe-Kommen“, sondern eine Form von mentalem Training, die uns befähigt, das eigene Erleben zu beobachten, bevor wir reagieren.

Diese Fähigkeit ist nicht nur auf der Yogamatte wertvoll. Sie verändert, wie wir Pferden begegnen, wie wir kommunizieren, wie wir atmen, wenn Spannung aufkommt. Wer lernt, die eigenen Gedanken und Körperreaktionen zu sehen, statt sie automatisch auszuleben, beginnt, sich innerlich zu beruhigen. Und diese Ruhe überträgt sich.

Veränderung ist kein Akt des Willens, sondern ein Prozess der Neuroplastizität – die Fähigkeit des Gehirns, sich durch neue Erfahrungen zu verändern. Je häufiger wir also einen neuen Gedanken bewusst denken, ihn fühlen und verkörpern, desto stärker wird die neue Verbindung im Gehirn. Genau deshalb sind Präsenz, Achtsamkeit und Wiederholung so kraftvoll.

  • Wenn wir beim Reiten nicht sofort korrigieren, sondern wahrnehmen.

  • Wenn wir auf der Matte nicht sofort weiterdrängen, sondern atmen.

  • Wenn wir im Alltag nicht sofort reagieren, sondern kurz innehalten.

Dann beginnen sich neue Bahnen zu formen. Alte Muster verlieren an Kraft. Und in der Stille zwischen zwei Gedanken entsteht etwas Neues – Bewusstsein.

Veränderung beginnt mit einem Gedanken.

Und sie bleibt, wenn wir ihn wahrnehmen, fühlen und wiederholen – bis das Neue selbstverständlich geworden ist.

Posted on November 6, 2025 .

Reiten in Marokko – was du wirklich können solltest

Unsere Reiten & Yoga Retreats in Marokko sind etwas Besonderes – Wüste, Meer, Sonne, Pferde. Es ist ein Stück von „Tausendundeiner Nacht“. Immer wieder werde ich gefragt, wie gut man reiten können muss, um dabei zu sein. Denn dieser Retreat ist für fortgeschrittene Reiter*innen ausgeschrieben – und das hat gute Gründe.

„Fortgeschritten“ ist natürlich ein dehnbarer Begriff. Was mir wichtig ist: dass jede Gruppe harmonisch ist. Ich weiss aus eigener Erfahrung, wie enttäuschend es sein kann, wenn ein Ausritt für geübte Reiter ausgeschrieben ist, und dann alles im Schritt stattfindet, weil jemand unsicher ist. Das ist unfair für alle – für die, die gerne reiten möchten, und auch für jene, die sich überfordert fühlen.

Darum frage ich bei der Anmeldung keine Hufeisen oder Sterne ab, sondern bitte jede Teilnehmerin, mir in zwei bis drei Sätzen zu beschreiben, wie sie reitet. Nach über zwölf Jahren Retreat-Erfahrung habe ich ein gutes Gespür dafür entwickelt, herauszulesen, ob jemand wirklich sattelfest ist – oder ob ein anderer Retreat besser passen würde.

Aber was heisst das nun konkret für Marokko?

Marokko ist ein freies Land, auch was das Reiten betrifft. Die Pferde – edle Araber-Berber-Hengste, teils ehemalige Rennpferde – haben viel Energie und lieben das Gelände. Wir reiten oft am Meer entlang, über lange Sandstrände, und ja, da wird auch galoppiert. Teilweise richtig schnell. Ein Pferd, das wir gemessen haben, lief am Strand 54 km/h.

Natürlich steht Sicherheit an oberster Stelle – und das seit acht Jahren ohne einen einzigen Unfall in Marokko. Doch Sicherheit entsteht auch durch Können, Präsenz und Vertrauen ins eigene Reiten. Es ist wichtig, dass du sattelfest bist, regelmässig reitest, keine Mühe mit Tempo hast und ruhig bleibst, wenn ein Pferd einmal zur Seite springt oder etwas lebhafter wird.

Unsere Ritte sind dynamisch. Es wird nicht jedes Mal angekündigt, wann wir traben oder galoppieren – der Guide spürt die Gruppe, schaut, ob alle bereit sind, und dann geht es los. Es braucht also Aufmerksamkeit, Selbstvertrauen und die Fähigkeit, mitzufliessen.

Auch sonst ist dieser Retreat etwas für Naturmenschen. Zwei Nächte verbringen wir draussen im Camp – ein Hauch von Glamping mitten in der Natur. Wir schlafen in grossen Zelten mit Matratzen, Decken und Kissen. Es gibt ein Toilettenzelt, liebevoll zubereitetes Essen, Tee am Feuer und den Sternenhimmel über uns. Wir haben all diesen Komfort – und doch ist es und bleibt es campieren. Ein echtes Naturerlebnis, ohne Filter, aber mit allem, was man braucht.

Davor und danach wohnen wir in sorgfältig ausgewählten 4-Sterne-Riads, um anzukommen und nach dem Ritt wieder zur Ruhe zu kommen.

Wenn du beim Lesen innerlich spürst: Ja, das bin ich – dann ist dieser Retreat für dich.

Wenn du hingegen noch zögerst oder dich fragst, ob du gut genug reitest, ist das oft schon ein Zeichen, dass dieser Ritt vielleicht zu fordernd ist. Aber keine Sorge: Wir bieten viele verschiedene Retreats an – von sanften Einstiegen bis zu abenteuerlichen Langstreckenritten.

Wenn du dir unsicher bist, melde dich gerne. In einem kurzen Gespräch finden wir gemeinsam heraus, welches Retreat wirklich zu dir passt.

zu unseren Marokko Retreats
Posted on October 29, 2025 .

Mentale Stärke im Sattel – 10 Wege zu mehr innerer Balance beim Reiten

Reiten ist weit mehr als Technik, Kondition und Körpergefühl. Es ist eine innere Haltung. Denn oft scheitern wir nicht an der körperlichen, sondern an der mentalen Seite. Wir kümmern uns um den Sattel, den Hufschmied, das richtige Futter und den nächsten Trainingsschritt – aber vergessen dabei manchmal uns selbst. Dabei beginnt gutes Reiten genau hier: in uns.

Mentale Stärke ist kein starres „Funktionieren“, sondern die Fähigkeit, auch in schwierigen Momenten ruhig, klar und verbunden zu bleiben. Sie wächst mit Erfahrung, Achtsamkeit – und mit Bewusstsein dafür, was in uns passiert.

Hier findest du zehn Wege, wie du deine mentale Stärke als Reiter*in vertiefen kannst.

1. Angst verstehen statt verdrängen

Angst gehört zum Reiten – jede*r kennt sie. Entscheidend ist, wie wir damit umgehen. Visualisierung, Atemübungen oder bewusste Gedanken können helfen, die Kontrolle zurückzugewinnen. Angst ist kein Zeichen von Schwäche, sondern eine Einladung, Vertrauen aufzubauen – zu dir selbst und zu deinem Pferd.

2. Selbstvertrauen aufbauen

Pferde brauchen Sicherheit, und sie spüren, ob wir sie ausstrahlen. Vertrauen wächst nicht über Nacht. Es entsteht durch kleine Schritte, klare Ziele und echte Erfolge. Nimm dir Zeit, feiere Fortschritte – und lerne, dich selbst als verlässliche Partnerin deines Pferdes zu sehen.

3. Präsenz üben

Mentale Stärke heisst, ganz da zu sein. Nicht beim nächsten Termin oder in alten Gedanken. Beim Reiten bedeutet das, die Sprache deines Pferdes wahrzunehmen: Atmung, Rhythmus, Spannung, Blick. Ein paar tiefe Atemzüge, ein inneres Zurückkehren ins Jetzt – und plötzlich wird alles klarer, einfacher, weicher.

4. Vorbereitung als Ritual

Oft steigen wir in den Sattel, noch halb im Alltag. Dabei beginnt das Reiten schon am Boden. Ein bewusstes Putzen, ein kurzes Dehnen, Musik oder Stille – was auch immer dir hilft, anzukommen. Diese Minuten schaffen Verbindung und Ruhe, bevor du aufsteigst.

5. Freundlich mit dir selbst sprechen

Was du über dich denkst, formt, wie du reitest. Negative Gedanken schwächen, genauso wie Anspannung oder Selbstkritik. Versuch, deine innere Stimme bewusst zu verändern: „Ich darf lernen. Ich bin ruhig. Ich wachse mit jedem Ritt.“ Es klingt einfach – aber es verändert alles.

6. Visualisieren

Bevor du reitest, stell dir vor, wie es sich anfühlen soll. Nicht im Sinne von Kontrolle, sondern als mentale Vorbereitung. Sieh dich in harmonischem Gleichgewicht, spür den Atem deines Pferdes, die Bewegung, den Takt. So trainierst du dein Nervensystem auf Ruhe und Klarheit.

7. Realistische Erwartungen

Manchmal wollen wir zu viel – und vergessen, dass Lernen Zeit braucht. Setz dir erreichbare Ziele, teile sie in kleine Schritte und freu dich über jedes Stück Entwicklung. Auch Rückschritte gehören dazu. Wenn du sie als Teil des Weges annimmst, bleibst du motiviert – und dein Pferd spürt diese Gelassenheit.

8. Offen bleiben

Reiten ist ein lebenslanges Lernen. Niemand hat „die“ Wahrheit. Hör zu, beobachte, lerne – von Trainerinnen, Hufschmiedinnen, Tierärzt*innen, von deinem Pferd. Ein offener Geist ist stärker als jeder feste Plan.

9. Vertrauen entwickeln

Vertrauen beginnt mit dir. Du kannst viele Meinungen hören, aber am Ende triffst du die Entscheidungen für dich und dein Pferd. Spür hin, was sich richtig anfühlt. Das ist kein esoterischer Rat, sondern gelebte Verantwortung. Vertraue deiner Wahrnehmung – sie ist dein Kompass.

10. Widerstandskraft stärken

Nicht jeder Tag im Stall ist leicht. Verletzungen, Rückschritte, Unsicherheiten – sie gehören dazu. Mentale Stärke bedeutet, dranzubleiben, auch wenn es unbequem wird. Jede Herausforderung, die du überstehst, macht dich klarer, geduldiger, menschlicher – und zu einer besseren Reiterin.

Mentale Stärke wächst über die Zeit. Sie zeigt sich nicht in perfekten Ritten, sondern in der Art, wie du atmest, wenn etwas nicht klappt. In der Ruhe, die du bewahrst, wenn dein Pferd sich verspannt. Und in der Bereitschaft, immer wieder neu zu beginnen.

Denn Reiten ist kein Wettkampf mit dir selbst. Es ist ein Weg der Verbindung – mit deinem Pferd, mit deinem Körper, mit deinem inneren Gleichgewicht.

Posted on October 20, 2025 .

Die Sehnsucht nach Freiheit – und was sie dem Pferderücken zumutet

Es ist ein Bild, das sich tief eingebrannt hat in das kollektive Reiterinnen-Herz: Die Haare im Wind, kein Sattel, kein Zaumzeug – nur du, das Pferd und die Weite. Auf Social Media ist diese Vorstellung längst zum Sinnbild einer neuen Reitkultur geworden, in der Freiheit, Verbindung und Natürlichkeit im Vordergrund stehen. Auch bei unseren Retreats höre ich oft davon. „Ich bin auch mal ohne Sattel geritten“, erzählen Teilnehmerinnen, nicht selten mit leuchtenden Augen. Und ja – es fühlt sich leicht an, wild, ursprünglich. Zumindest für uns.

Doch was für den Menschen nach Losgelöstheit klingt, kann für das Pferd eine stille Überforderung sein.

Wenn du gerade sitzt, lade ich dich zu einer kleinen Übung ein: Forme mit deinen Händen vor dir eine Schale – und setz dich behutsam hinein. Was du sofort spürst, sind zwei spitze Punkte an deinem Gesäss. Deine Sitzbeinhöcker. Sie tragen dich beim Sitzen, sie geben deinem Körper Halt. Doch genau diese beiden kleinen Flächen treffen – wenn du ohne Sattel reitest – direkt auf den Rückenmuskel deines Pferdes. Dort, wo sich die langen Rückenmuskeln befinden, die sogenannten epaxialen Muskeln, die das Reitergewicht tragen – oder besser gesagt: aushalten müssen.

Die Forschung zeigt inzwischen deutlich, was dabei passiert. In einer viel zitierten Studie von Clayton et al. (2013) wurde mit sensiblen Druckmesssystemen untersucht, wie sich Reiten mit und ohne Sattel auf die Druckverteilung auswirkt. Das Ergebnis ist eindeutig: Ohne Sattel entstehen fokale Druckspitzen, insbesondere genau dort, wo unsere Sitzbeinhöcker aufliegen – im empfindlichen Bereich der epaxialen Muskulatur. Die Kontaktfläche ist deutlich kleiner, der Druck somit konzentrierter – und obwohl die gemessene Gesamtbelastung niedriger erscheint, ist gerade dieser punktuelle Druck kritisch. Die Forscher*innen sprechen von erhöhtem Risiko für muskuläre Schäden, insbesondere dann, wenn der Reitersitz instabil ist oder das Pferd ohnehin empfindlich im Rücken reagiert.

Auch eine aktuellere Analyse aus dem Jahr 2021 kommt zu ähnlichen Schlüssen: Bareback-Reiten – also das Reiten ohne Sattel – führe oft zu einer schlechten Gewichtsverteilung, die den Druck entlang der Wirbelsäule ungleichmässig und belastend auf bestimmte Zonen konzentriert. Vor allem bei untrainierten Reiter*innen oder in dynamischen Gangarten kann das zu Verspannungen, Schmerzen oder langfristigen Problemen führen.

Es geht hier nicht um ein Verbot. Auch ich liebe es, bewusst und verbunden mit dem Pferd zu arbeiten – manchmal ohne Zaum, ohne Sattel, mit nichts als Vertrauen zwischen uns. Doch diese Momente sind achtsam gewählt, kurz gehalten, eingebettet in ein Wissen um Biomechanik, Muskelstruktur und Erholung.

Denn: Freiheit bedeutet nicht, dass wir alles weglassen, was schützt. Freiheit entsteht dort, wo Verantwortung mitspielt. Und wo wir bereit sind, hinzuschauen, was unser Wunsch nach Leichtigkeit beim anderen Wesen auslöst.

Was ist mit Steigbügeln an Pads oder Lammfellsätteln?

Diese Kombination wirkt auf den ersten Blick praktisch – aber biomechanisch ist sie heikel. Pads haben keine stabilisierende Baumstruktur, keine Kammer und keine gepolsterten Kissen. Wenn man daran Steigbügel befestigt, wird der Zug aus dem Bügel direkt über das Pad auf den Pferderücken übertragen – genau dort, wo der Steigbügelriemen befestigt ist. Das liegt in der Regel im Bereich der Brustwirbelsäule, also unterhalb des Reiters, seitlich der Wirbelsäule.

Die Folge: punktuelle Druckspitzen an diesen Befestigungspunkten, vor allem dann, wenn das Pad weich oder instabil ist. Anders als bei einem gut sitzenden Sattel mit festem Baum fehlt hier jede Struktur, um diesen Zug abzufangen oder zu verteilen. Die Lendenregion ist davon nicht direkt betroffen, weil sich dort keine Steigbügelbefestigungen befinden – aber die sensiblen langen Rückenmuskeln im mittleren Rückenbereich stehen unter direkter Belastung.

Auch wenn es visuell nach Freiheit aussieht – biomechanisch entsteht eine Belastung, die weder vom Pferderücken noch vom Pad abgefangen wird. Deshalb gilt: Wer mit Pad reitet, sollte dies konsequent ohne Steigbügel tun. Dein Gleichgewicht wird dabei feiner, dein Sitz unabhängiger – und dein Pferd bleibt geschützt.

Was du stattdessen tun kannst – sanfte Wege zur Freiheit

  • Nutze ein gut gepolstertes, anatomisch geformtes Reitpad, das für diese Art des Reitens gemacht ist. Es sollte den Druck mildern, nicht nur dekorativ sein. Besonders dünne Decken oder Freizeit-Pads verteilen das Gewicht kaum und erhöhen das Risiko von Druckspitzen.

  • Reite ohne Steigbügel, wenn du mit Pad oder Lammfellsattel unterwegs bist. Das schult nicht nur dein Gleichgewicht, sondern verhindert auch punktuelle Belastung durch die Bügelbefestigung.

  • Begrenze die Dauer solcher Einheiten. Wenige Minuten im Schritt, auf einem gesunden, gut bemuskelten Pferd, können wertvoll sein. Längere Strecken oder gar Galopaden ohne Sattel sind biomechanisch schwer zu verantworten – selbst wenn sie sich für den Menschen frei anfühlen.

  • Trainiere deinen Sitz gezielt, auch abseits vom Pferd: Yoga, Pilates, Übungen auf dem Balancekissen – all das stärkt deine Körperwahrnehmung und lässt dich im Sattel (mit oder ohne) feiner mitschwingen.

  • Achte auf dein Pferd. Seine Rückmeldung ist oft leise, aber ehrlich: Verspannungen, Wegdrücken des Rückens, Taktunreinheiten oder verändertes Verhalten beim Aufsteigen können Hinweise sein, dass etwas zu viel war.

Vielleicht ist es das, was uns die Pferde immer wieder lehren: dass echte Verbindung nicht dort beginnt, wo alles frei und leicht aussieht, sondern dort, wo wir bereit sind, Verantwortung zu tragen – für unseren Körper, für unsere Bewegungen, für die Gesundheit des anderen.

Posted on October 12, 2025 .

Menfi – der stille Geheimtipp an Siziliens Südwestküste

Menfi liegt abseits der bekannten Touristenpfade – im Südwesten Siziliens, dort, wo die Sonne abends im Meer versinkt und das Licht die Landschaft in warme Goldtöne taucht. Zwischen Reben, Olivenhainen und langen, hellen Sandstränden zeigt sich hier ein Sizilien, das leiser ist. Ursprünglich. Nah an der Natur.

Ich durfte ein paar Tage im Ferienhaus von Marella und Corada verbringen. Die beiden haben neben ihrem Landhaus in der Nähe von Prizzi – wo wir bei unseren Retreats jeweils zum Mittagessen einkehren – auch dieses Haus in Menfi. Es liegt leicht erhöht mit Blick aufs Meer und bietet Zugang zu einem kleinen, privaten Strand, den man in drei Minuten zu Fuss erreicht.

Das Städtchen Menfi selbst ist ruhig und eher unauffällig. Wer nach Postkartenmotiven sucht, wird sie hier kaum finden. Aber wer bereit ist, ein wenig genauer hinzuschauen, entdeckt einen Ort mit ganz eigenem Rhythmus – geprägt von Landwirtschaft, Weinkultur und der Nähe zum Meer.

Besonders schön ist der Abschnitt beim Insula Beach Club, der zum bekannten Weingut Planeta Estate gehört. Dort führt ein kleiner Weg direkt an den Strand. Es ist ein langer, feinkörniger Küstenabschnitt mit Liegen, einer kleinen Strandbar und ruhiger Atmosphäre. Anfang Oktober ist es angenehm warm, das Meer sanft, die Strände fast leer – ideale Bedingungen für ein paar stille Stunden am Wasser, mit sanftem Wind und weitem Blick.

Planeta – Wein, Küche und Gastfreundschaft

Planeta ist weit über Sizilien hinaus bekannt. In Menfi betreibt das Weingut nicht nur grossflächigen Weinbau, sondern auch zwei stilvolle Unterkünfte: das Country House und La Foresteria.

La Foresteria ist ein elegantes Wine Resort mit Blick über die Reben bis zum Meer. Die Küche ist lokal, das Ambiente ruhig, die Atmosphäre gepflegt, aber unaufgeregt. Auch als Tagesgast kann man hier essen oder an einer Weinverkostung teilnehmen.

Das Country House, etwas einfacher, liegt ebenfalls wunderschön inmitten der Weingärten – es ist die letzte Unterkunft auf dem Rotta del Vino Ritt, einer fünftägigen Reittour durch das sizilianische Hinterland.

Kleine Ausflüge in der Umgebung

Von Menfi aus ist man in kurzer Zeit in Sciacca – einem Küstenstädtchen mit Hafen, engen Gassen, einer lebendigen Altstadt und der für die Region typischen Keramikkunst. Die Stadt liegt terrassenartig über dem Meer und lädt ein zu einem entspannten Spaziergang durch verwinkelte Strassen.

Ebenfalls gut erreichbar sind die Tempel von Selinunte. Sie gehören zu den eindrucksvollsten archäologischen Stätten Siziliens. Das Areal ist weitläufig, die Tempel sind unterschiedlich gut erhalten – manche rekonstruiert, andere wie umgestürzte Zeitzeugen in der Landschaft verteilt. Besonders ist die Lage direkt am Meer: Während man zwischen dorischen Säulen spaziert, weht ein leichter Wind vom Wasser herüber. Licht und Weite geben dem Ort eine fast meditative Stimmung. Besonders schön fand ich das kleine Café bei der Akropolis – dort kann man sich ein Eis holen und auf der Terrasse an den Tischen aufs Meer schauen.

Ein Ort für Ruhesuchende

Menfi ist kein klassischer Ferienort. Wer Trubel sucht, ist hier falsch. Wer aber einen Platz sucht, um abzuschalten, barfuss am Strand zu gehen, in einem einfachen Restaurant gut zu essen oder lokale Weine zu probieren, findet hier genau das. Und wer sich auf die Umgebung einlässt, entdeckt stille Schönheit – ganz ohne Inszenierung.

Erwähnte Orte & Links

Cinnamon, Ferienhaus von Marella & Corada

https://www.thethinkingtraveller.com/italy/sicily/villas/cinnamon
→ kostengünstiger mieten kannst du die Villa Cinnamon, wenn du dich direkt bei Marella meldest via Email oder per WhatsApp

Website Planeta (Übersicht Weingut & Hospitality)

https://www.planeta.it

Insula Beach Club (Planeta Estate)

https://www.planetaestate.it/hospitality/insula-beach-club

Planeta La Foresteria

https://www.planetaestate.it/hospitality/la-foresteria-menfi

Planeta Country House (letzte Unterkunft der Rotta del Vino)

https://www.planetaestate.it/hospitality/country-house-menfi

Stadt Sciacca

https://www.visitsciacca.com

Tempel von Selinunte (Parco Archeologico di Selinunte)

https://www.parcoselinunte.it

Posted on October 5, 2025 .

Warum es sich lohnt, den „Frosch“ gleich am Morgen zu schlucken

Bei mir ist die Energie am Morgen am grössten. Ich denke klarer, habe Kraft, Dinge umzusetzen, die mir wichtig sind. Dazu habe ich schon einmal einen Text geschrieben – lies gern auch meinen Blogpost Zwischen Klarheit und Kaffee, Gedanken über Morgenroutinen. Und trotzdem ertappe ich mich oft dabei, dass ich am liebsten trödeln würde. Ein bisschen durch Instagram scrollen, ein wenig herumsurfen, mich ablenken lassen. Doch ich weiss: genau diese ersten Stunden sind entscheidend. Wenn ich sie verschwende, ist die Energie für den ganzen Tag anders – zerstreut, brüchig, irgendwie kaputt.

Deshalb beginne ich inzwischen bewusst mit dem, was mir am schwersten fällt. Das neue Programm, das endlich geplant werden will. Eine Aufgabe in der Buchhaltung, die nicht warten kann. Oder die Überlegung, wie ich jemanden neu einarbeite. Gerade am Morgen, wenn mein Kopf am klarsten ist, widme ich mich diesen Dingen. Es fühlt sich an wie ein Berg, den ich besteige, noch bevor der Tag richtig begonnen hat – und genau dadurch wird der Rest des Tages leichter.

Ich habe einmal einen Text gelesen, der „Swallow the Frog“ hiess. Mark Twain soll gesagt haben, wenn man einen Frosch essen müsse, solle man das gleich am Morgen tun. Gemeint ist: die unangenehmste, wichtigste Aufgabe zuerst. Danach kann nichts Schlimmeres mehr kommen, und der Rest des Tages liegt freier vor dir.

Leo Babauta spricht in seinem Blog Zen Habits von den MITs, den most important tasks. Er empfiehlt, sich jeden Abend drei dieser Aufgaben zu notieren. Drei Dinge, die dich deinem Ziel wirklich näherbringen. Vielleicht ist es der Lauf am Morgen, weil du fitter werden willst. Vielleicht der nächste Schritt in einem Projekt. Vielleicht ein Telefonat, das du schon lange vor dir herschiebst. Es sind selten die Dinge, auf die man Lust hat, aber es sind die, die dich wachsen lassen.

Die Psychologie bestätigt das. Willenskraft ist keine unerschöpfliche Ressource. Roy Baumeister hat dafür den Begriff ego depletion geprägt: je mehr Entscheidungen wir im Laufe des Tages treffen, desto erschöpfter wird unsere innere Kraft, schwierige Aufgaben anzupacken. Am Morgen sind die Reserven noch gefüllt. Wer diese Zeit für das Wesentliche nutzt, baut eine Struktur, die trägt.

Es geht weniger um Motivation als um Systeme. James Clear beschreibt in Atomic Habits, dass wir nicht auf das Level unserer Ziele steigen, sondern auf das Level unserer Gewohnheiten fallen. Wenn es zur Routine wird, den Tag mit dem Wichtigsten zu beginnen, ist kein ständiger Kraftakt mehr nötig. Es wird zum selbstverständlichen Schritt in den Tag.

Wenn du es ausprobierst, wirst du merken, wie viel Energie frei wird. Mach dir am Abend eine kurze Liste deiner MITs. Starte den Tag ohne Handy. Nimm die grösste Aufgabe zuerst. Spüre, wie du danach mehr Selbstvertrauen hast, weil du dich selbst nicht im Stich gelassen hast. Spüre, wie viel leichter die kleineren Dinge fallen, wenn das Schwerste schon getan ist.

Für mich ist es zu einem stillen Ritual geworden. Ein Kaffee, ein Moment der Klarheit, und dann der erste Schritt in das, was wirklich zählt. So beginne ich den Tag mit einem Gefühl von Richtung und Stärke. Und am Abend, wenn ich zurückblicke, weiss ich: ich bin weitergekommen. Nicht weil ich alles geschafft habe, sondern weil ich das Wesentliche zuerst getan habe.

Wer tiefer eintauchen möchte, findet Inspiration in diesen Büchern:

Posted on September 29, 2025 .

Zwischen Push-Nachricht und Sattelkammer – wie Fokus dein Leben verändert

Manchmal merken wir es kaum. Wir sitzen am Laptop, beantworten gerade eine E-Mail, da ploppt eine Nachricht auf dem Handy auf. Gleichzeitig läuft Musik im Hintergrund, draussen redet jemand laut, ein Kollege stellt eine Frage. Und plötzlich wissen wir nicht mehr, was wir eigentlich gerade machen wollten. Unser Geist springt. Immer und immer wieder. Wie ein scheues Pferd, das sich nicht führen lässt, weil alles gleichzeitig nach Aufmerksamkeit ruft.

Ein solcher Zustand hat einen Namen: scattered mind. Ein zerstreuter Geist, der sich in alle Richtungen bewegt, aber nirgendwo wirklich ankommt. Und das kostet. Nicht nur Zeit, sondern auch Kraft, Klarheit, Präsenz – und letztlich das Gefühl, das eigene Leben wirklich zu gestalten.

Fokus hingegen ist wie eine ruhige Hand am Zügel. Es bedeutet, unsere geistige Energie auf eine einzige Sache zu lenken. Und damit die Kraft zu bündeln. Fokus ist nicht einfach ein Produktivitätstool. Fokus ist ein Zustand. Ein inneres Ausgerichtet-Sein. Und vielleicht mehr denn je eine Fähigkeit, die es in unserer überreizten Welt wieder zu üben gilt.

Der amerikanische Autor Cal Newport beschreibt in seinem Buch Digital Minimalism, wie stark unsere Aufmerksamkeit heute fragmentiert ist – durch Apps, Nachrichten, Benachrichtigungen, durch ein permanentes Gefühl, auf dem Sprung sein zu müssen. Er plädiert für bewusste, tiefe Konzentrationsphasen und den Mut, sich zu entziehen. Nicht um weniger zu tun, sondern um das Wesentliche wieder spüren zu können.

Auch in der Arbeit mit Pferden zeigt sich: Fokus ist kein Luxus, sondern die Grundlage für Vertrauen. Wenn ich im Stall stehe und gleichzeitig telefoniere, Nachrichten beantworte und gedanklich schon beim nächsten Termin bin, spürt mein Pferd das. Pferde reagieren nicht auf unsere Worte, sondern auf unseren Zustand. Ein klarer, stiller Fokus schafft Verbindung. Ein flatternder Geist überträgt Unruhe.

Und auf der Yogamatte? Dort lernen wir es jeden Tag neu. Wenn wir in einer Haltung bleiben – mit dem Atem, mit der Wahrnehmung, mit allem, was ist –, spüren wir: Fokus ist nicht Spannung. Fokus ist Präsenz. Es ist dieses feine, wache Dasein, bei dem nichts anderes wichtig ist als dieser Moment. Diese Bewegung. Dieser Atemzug.

Fokus ist lernbar. Wie ein Muskel, den wir trainieren können. Meditation ist eine der wirksamsten Methoden dafür. In der Drei-Punkte-Meditation etwa – die ich für dich erstellt habe – übst du, deine Aufmerksamkeit gezielt zu lenken: auf den Atem, die Geräusche um dich herum, die Empfindungen im Körper. Du lernst, Gedanken zu beobachten, ohne ihnen zu folgen. Und du lernst, wie es sich anfühlt, ganz da zu sein.

Auch im Alltag können kleine Veränderungen helfen:

  • Nur eine Sache zurzeit: Putze dein Pferd – und nichts anderes. Iss – und lies dabei keine Nachrichten. Antworte auf eine E-Mail – und nicht auf fünf gleichzeitig.

  • Reduziere Ablenkung: Schalte alle Push-Benachrichtigungen aus. Keine roten Punkte, keine vibrierenden Reminder. Dein Nervensystem wird es dir danken.

  • Blocke Zeitfenster: Bestimme zwei Zeiten pro Tag, in denen du E-Mails liest oder Social Media nutzt. Der Rest ist offline – und fokussiert.

  • Räume schaffen: Finde Orte, die Ruhe erlauben. Räume, in denen du ungestört bist. Und mache anderen deutlich: Jetzt ist Fokuszeit.

Es sind keine grossen Schritte. Aber sie verändern etwas. Du wirst schneller fertig mit dem, was du tust. Du fühlst dich präsenter, weniger erschöpft, klarer. Und mit der Zeit kommt etwas zurück, das vielen von uns verloren gegangen ist: die Freude am Tun selbst.

Denn da, wo Fokus ist, entsteht Tiefe. Und wo Tiefe ist, entsteht Sinn.

Posted on September 19, 2025 .

Wut ist besser als Depression

In meinen Retreats sehe ich immer wieder, wie schwer es fällt, Wut zuzulassen. Viele Teilnehmerinnen empfinden sie als unwillkommene Emotion, fast so, als wäre sie ein Rückschritt auf dem Weg zu innerem Frieden. Und doch zeigt uns die Emotional Scale von Abraham Hicks, dass Wut nicht das Ende ist – sondern ein wichtiger Schritt nach oben.

Woher die Emotional Scale kommt

Abraham Hicks – ein Kollektivbewusstsein, das von Esther Hicks gechannelt wird – beschreibt seit den 1980er-Jahren, wie unsere Emotionen Ausdruck unserer Schwingung sind. Die Emotional Scale, auch Emotional Guidance Scale genannt, ordnet diese Gefühle wie Stufen einer Treppe. Jede Emotion hat eine bestimmte energetische Frequenz. Je weiter „oben“ wir uns bewegen, desto leichter, kraftvoller und freier fühlt sich unser Leben an.

Die Stufen der Skala

Die Skala umfasst 22 Stufen – von der tiefsten Hoffnungslosigkeit bis hin zu Freude:

  1. Freude, Liebe, Freiheit, Wertschätzung, Ermächtigung

  2. Leidenschaft

  3. Begeisterung, Eifer, Glückseligkeit

  4. Positive Erwartungen, Überzeugung

  5. Optimismus

  6. Hoffnung

  7. Zufriedenheit

  8. Langeweile

  9. Pessimismus

  10. Frustration, Gereiztheit, Ungeduld

  11. Überforderung

  12. Enttäuschung

  13. Zweifel

  14. Sorge

  15. Vorwürfe

  16. Entmutigung

  17. Ärger

  18. Rache

  19. Hass, Wut

  20. Eifersucht

  21. Unsicherheit, Schuld, Wertlosigkeit

  22. Angst, Depression, Verzweiflung, Ohnmacht

Warum Wut ein Schritt nach oben ist

Die Skala macht deutlich: Depression und Ohnmacht stehen ganz unten. In diesem Zustand fehlt jede Energie, jeder Antrieb. Alles wirkt schwer, leblos, blockiert.

Wenn jedoch Wut auftaucht, verändert sich die Energie. Wut bringt Bewegung. Sie enthält Kraft, die aus der Erstarrung herausführt. Auch wenn sie sich unangenehm anfühlt – auf der Skala liegt sie bereits einige Stufen höher als Depression. Sie ist ein Signal, das wieder etwas fliesst.

In meinen Retreats erlebe ich oft, wie Pferde genau auf diese Energie reagieren. Sie spiegeln uns unmittelbar und laden uns ein, diese Kraft bewusst zu lenken. Auch in der Yogapraxis zeigt sich: wenn nach tiefer Traurigkeit plötzlich Ärger auftaucht, löst sich oft auch der Atem, der zuvor blockiert war.

Ein Weg in kleinen Schritten

Natürlich ist es nicht das Ziel, in der Wut zu bleiben. Doch sie kann als Übergangsemotion verstanden werden: von der Ohnmacht über die Wut hin zur Frustration, dann zur Hoffnung – und Schritt für Schritt hinauf zu Optimismus, Begeisterung und Freude.

Die Emotional Scale erinnert uns daran, das wir nicht sofort von Verzweiflung zu Glück springen müssen. Es geht darum, den nächsten erreichbaren Schritt zu finden. Jeder kleine Aufstieg zählt. Manchmal bedeutet das, den eigenen Ärger zu spüren. Manchmal heisst es, sich mit Hoffnung zu verbinden. Und manchmal reicht schon die stille Zufriedenheit, um das Herz leichter werden zu lassen.

Ein neuer Blick auf Wut

Wut ist nicht das Ziel, aber sie ist ein Wegweiser. Sie zeigt uns, das wir uns aus der Starre bewegen und wieder Kraft empfinden. In dieser Bewegung liegt die Chance, uns weiter nach oben zu tragen – hin zu Freude, Liebe und innerer Freiheit.

Posted on September 14, 2025 .

Liebe, Dankbarkeit und Freude – die Kraft höherer Schwingungen

Wenn wir mit Pferden unterwegs sind oder auf der Yogamatte ankommen, öffnen wir uns für feine Ebenen, die im Alltag oft untergehen. Es sind nicht nur die grossen Gesten, die zählen, sondern auch die unsichtbaren Schwingungen, die wir ausstrahlen – und die zurück zu uns finden. Liebe, Dankbarkeit und Freude gehören zu diesen höheren Schwingungen. Sie wirken wie ein Kompass, der uns sanft in Richtung Verbundenheit und Lebendigkeit ausrichtet.

Ich habe in all den Jahren mit Reiten und Yoga erlebt, wie entscheidend diese innere Haltung ist. Es sind nicht nur die perfekten Asanas oder der kraftvolle Ritt, sondern auch das Gefühl, das wir dabei kultivieren, das unsere Erfahrung prägt. Deshalb baue ich in fast jede Yogastunde auf unseren Retreats eine Dankbarkeitspraxis ein. Sie ist für mich wie ein stilles Ritual: innehalten, zurückschauen, danken. Für das Pferd, das uns trägt. Für die Natur, die uns umgibt. Für das eigene Herz, das schlägt.

Dankbarkeit ist wie eine Währung – ein Geben im Gegenzug für das, was wir empfangen haben. Sie macht sichtbar, dass nichts selbstverständlich ist. Und sie lädt ein, dass mehr von dem, was uns nährt, in unser Leben fliesst. Wer dankt, öffnet eine Tür.

Abraham Hicks beschreibt in seinen Büchern die „Emotional Guidance Scale“ – eine Art Leiter der Gefühle. Ganz oben stehen Freude, Liebe, Dankbarkeit, Freiheit. Unten Angst, Schuld, Verzweiflung. Der Gedanke dahinter: Je höher wir schwingen, desto leichter ziehen wir das an, was uns guttut.

Auch die Wissenschaft bestätigt vieles davon. Die Psychologin Barbara Fredrickson etwa zeigt in ihren Forschungen, dass positive Emotionen unseren Blick erweitern, Kreativität fördern und Resilienz aufbauen. Studien zu Dankbarkeit belegen, dass Menschen, die regelmässig Dankbarkeit praktizieren, besser schlafen, weniger Stress empfinden und sogar eine stärkere Immunabwehr haben. Freude und Dankbarkeit sind also kein Luxus, sondern Nahrung für Körper und Seele.

Und doch: Freude lässt sich nicht erzwingen. Sie kommt leise, wenn wir Raum schaffen. Auf dem Rücken der Pferde, im Rhythmus ihres Atems, wenn wir die Weite der Landschaft sehen. Auf der Matte, wenn wir uns erlauben, loszulassen. Dankbarkeit und Freude sind Schwestern – die eine öffnet die Tür, die andere tritt hindurch.

Vielleicht magst du einmal eine kleine Übung probieren: Setze dich nach dem Reiten oder nach einer Yogastunde still hin. Spüre deinen Körper. Denke an drei Dinge, für die du jetzt gerade dankbar bist – klein oder gross. Probiere nichts zu erzwingen, sondern schau, was vor deinem inneren Auge auftaucht. Das sind genau die Dinge, die im Moment wichtig sind. Sei dankbar dafür. Es kann etwas ganz Kleines sein, aber auch etwas sehr Grosses. Manchmal ist es etwas, das dich überrascht – oder von dem du im ersten Moment denkst, dass du gar nicht weisst, warum du dafür dankbar sein solltest. Übe dich trotzdem darin. Denn auch schwierige Erfahrungen oder Dinge, die wir noch nicht verstehen, können eine Bedeutung in unserem Leben haben. Dankbar dafür zu sein, heisst auch, sie anzunehmen und ihren Platz zu erkennen.

So erschaffen wir ein Feld, in dem Liebe, Dankbarkeit und Freude selbstverständlich werden. Nicht als ferne Idee, sondern als erlebte Wirklichkeit. Und genau dafür sind unsere Retreats da: um gemeinsam einzutauchen, Schwingung für Schwingung.

Literatur & Inspiration

Posted on September 6, 2025 .

Wenn Pferde unsere Gefühle spiegeln – über Authentizität und Vertrauen

Es gibt Gedanken, die uns wachhalten. Ein Satz im Kopf, eine Szene, die wir immer wieder durchspielen. Wir nennen es Sorge. Sie ist uns bewusst, wir können sie benennen. Doch hinter diesem Bewusstsein liegt eine zweite Schicht – die Angst, die nicht immer Worte findet. Sie sitzt tiefer, geformt durch alte Erfahrungen oder unausgesprochene Zweifel. Und manchmal steigt aus dieser Tiefe etwas nach oben, das wir nicht mehr nur denken, sondern unmittelbar spüren: Beklemmung. Ein Druck im Brustkorb, ein Kloß im Hals, ein schneller Atem.

So entfaltet sich ein Dreiklang: Sorge im Kopf, Angst im Unterbewusstsein, Beklemmung im Körper. Drei Ausdrucksformen derselben Wurzel.

Pferde als Spiegel der Inkongruenz

Wer mit Pferden Zeit verbringt, kennt diese Ebenen. Du kannst dir vornehmen, ruhig zu wirken – doch dein Körper verrät die innere Enge. Pferde reagieren darauf sofort. Sie spüren den Widerspruch zwischen den Worten „Alles gut“ und der Spannung in deiner Schulter. Linda Kohanov beschreibt in The Tao of Equus, dass Pferde besonders fein auf Inkongruenz reagieren: Wenn ein Mensch etwas anderes zeigt, als er wirklich fühlt, erzeugt das Misstrauen. Nur wenn wir mit unseren Gefühlen im Einklang sind – selbst wenn diese Gefühle Angst oder Unsicherheit sind – entsteht Authentizität, und das Pferd kann sich verbinden.

Doch wichtig ist auch: Nicht jedes Pferd kann diesen Raum halten. Ein entspanntes Pferd, das mit sich selbst im Reinen ist, wirkt regulierend. Seine Präsenz, sein gleichmässiger Rhythmus, die Ruhe in seiner Atmung helfen uns, selbst zur Ruhe zu kommen. Ein gestresstes Pferd hingegen überträgt seine Anspannung und verstärkt die Unruhe. So wie wir selbst authentisch sein müssen, um Verbindung zu schaffen, so brauchen auch Pferde Balance, damit sie zu Partnern in der Heilung werden können.

Gefühle zulassen statt unterdrücken

In unserer Kultur haben viele von uns gelernt, Gefühle zurückzuhalten. „Sei stark. Sei tough. Zeig dich kompetent.“ Verletzlichkeit wird oft mit Schwäche gleichgesetzt. Doch das, was wir verbergen wollen, verlässt uns nicht. Es bleibt als Spannung im Körper gespeichert, als Enge im Atem oder als Unruhe im Herzen.

Pferde entlarven diese Masken sofort. Sie suchen nicht das Bild nach aussen, sondern die Wahrheit im Inneren. Und sie reagieren entspannter, wenn wir unsere Gefühle wirklich zulassen, statt sie zu verstecken. Selbst Angst darf gezeigt werden – denn sobald sie bewusst wahrgenommen und zugelassen wird, kann sie sich wandeln. Das Weiche, Feminine, Empfangende, das in unserer Gesellschaft oft zu wenig Raum bekommt, ist in Wahrheit eine Kraft: Es macht möglich, dass Gefühle fliessen, dass sie sich transformieren, statt festzusetzen.

Yoga als Wegweiser

Auch auf der Yogamatte begegnet uns dieses Prinzip. Wir üben, in Kontakt mit dem zu bleiben, was gerade ist – nicht darüber hinwegzugehen, nicht die Zähne zusammenzubeissen, sondern zu spüren. Eine Haltung nicht mit Kraft zu „meistern“, sondern weich hineinzuatmen. Der Atem hilft, Kontrolle loszulassen. Er öffnet einen inneren Raum, in dem sich Emotionen bewegen dürfen.

So wird Yoga zu einer Schule der Präsenz: Gefühle nicht wegdrücken, sondern spüren. Den Körper nicht instrumentalisieren, sondern ihm zuhören. Was wir in dieser Praxis erfahren, verändert auch unser Sein im Alltag – und macht uns empfänglicher für Begegnung, ob mit Menschen oder Pferden.

Wissenschaftlicher Blick

Die moderne Stressforschung beschreibt genau diesen Mechanismus. Sorgen und Ängste aktivieren das sympathische Nervensystem – Flucht- oder Kampfbereitschaft. Der Körper schüttet Stresshormone aus, Herzschlag und Atem beschleunigen sich, Muskeln spannen an. Bleibt dieser Zustand bestehen, verwandelt er sich in chronische Anspannung, Schlafstörungen oder körperliche Beschwerden.

Yoga und bewusstes Atmen aktivieren hingegen den Parasympathikus – das Nervensystem, das für Regeneration und Ruhe zuständig ist. Pferde wirken ähnlich – wenn sie selbst in Ruhe sind. Ihre Präsenz, ihr gleichmässiger Rhythmus und ihr stilles Dasein holen uns aus der gedanklichen Spirale ins unmittelbare Spüren.

Einfache Übung für den Alltag

Du kannst diese drei Ebenen im Alltag selbst beobachten:

  1. Stell dir eine aktuelle Sorge vor. Nenne sie in einem Satz.

  2. Spüre tiefer. Welche Angst liegt darunter? Ist es die Angst, nicht genug zu sein? Etwas zu verlieren? Kontrolle zu verlieren?

  3. Lenke die Aufmerksamkeit in den Körper. Wo sitzt dieses Gefühl? Brust, Bauch, Kehle, Schultern?

Dann atme. Nicht um es wegzumachen, sondern um Raum zu schaffen. Lass den Atem sanft werden, gleichmässig. Und wenn du magst, sprich es aus. Es verändert den Moment, wenn du dich traust zu zeigen, was wirklich da ist.

Räume der Erfahrung

In unseren Retreats öffnen wir genau solche Räume. Dort geht es nicht um Theorie, sondern um Erleben. Wenn du auf dem Pferd sitzt, in der Weite der Landschaft, spürst du, was in dir ist. Wenn du danach auf der Yogamatte liegst, erfährst du, wie Atem und Körper dich wieder ins Gleichgewicht bringen. Es ist ein Weg, Sorgen nicht länger nur im Kopf zu drehen, sondern sie in Beziehung, Bewegung und Präsenz zu verwandeln.

Vielleicht liegt darin die tiefere Einladung: Angst und Beklemmung nicht als Gegner zu sehen, sondern als Botschafter. Sie zeigen uns, wo wir uns noch enger halten, als wir müssten. Mit Pferden, mit Yoga, mit bewusster Zeit für uns selbst lernen wir, dieser Botschaft zuzuhören, sie zuzulassen – und Schritt für Schritt freier zu werden.

Weiterführende Literatur & Impulse

Posted on August 31, 2025 .

Das Tool wird dich nicht retten – du musst Handwerkerin sein

Noch nie war Wissen so leicht zugänglich wie heute. Regale voller Bücher, Online-Kurse, Podcasts, Apps – wir können fast alles lernen, ohne das Haus zu verlassen. Doch so kostbar dieses Wissen ist: es bleibt Theorie, solange wir es nicht in die Tat umsetzen.

Ein Hammer baut kein Haus, wenn er in der Schublade liegt. Ein Pinsel malt kein Bild, solange er im Glas steht. Und auch das beste Tool verändert dein Leben nicht, wenn du es nicht in die Hand nimmst.

Gerade im Reiten und im Yoga zeigt sich dieser Unterschied deutlich. Du kannst unzählige Ratgeber lesen, du kannst jede Theorie über Sitz, Hilfengebung oder Atemtechniken kennen – doch reiten lernst du erst, wenn du dich in den Sattel setzt, dich auf das Pferd einlässt, spürst, wie sich Bewegung und Balance verändern. Yoga erschliesst sich dir nicht durch Bücher, sondern indem du dich selbst auf die Matte stellst, in die Asana gehst, atmest, nachspürst und deinem Körper erlaubst, Erfahrungen zu sammeln.

Es ist diese Verkörperung, die den Unterschied macht. Theorie schenkt Orientierung, aber Praxis macht sie lebendig. Nur im Tun wird aus Wissen Erfahrung, aus Kopfverständnis innere Klarheit. Die Forschung bestätigt das: Studien aus der Neuropsychologie zeigen, dass wir Inhalte tiefer verankern, wenn wir sie nicht nur kognitiv aufnehmen, sondern auch körperlich erleben. Lernen wird nachhaltiger, wenn Denken, Fühlen und Handeln zusammenkommen.

Und genau das ist der Grundgedanke unserer Retreats. Wir wollen Räume schaffen, in denen es nicht nur um Inspiration geht, sondern um Umsetzung. Um Handwerk im besten Sinn: du übst, du probierst aus, du erlebst. Auf dem Pferd, in der Yogapraxis, im Austausch mit anderen. Hier wird Achtsamkeit nicht nur erklärt, sondern erprobt. Hier spürst du, wie sich Atem und Bewegung verbinden, wie Ruhe im Kopf entsteht, wenn du die Hände in die Zügel legst, wie Vertrauen wächst, wenn du den eigenen Körper und das Pferd wahrnimmst.

Heute leben wir in einer digitalen Welt, die uns unendliche Informationsströme eröffnet. Aber das eigentliche Leben passiert nicht auf dem Bildschirm, sondern im Augenblick. Es passiert, wenn du deine Hände benutzt, deinen Körper bewegst, dich in eine Erfahrung hineinbegibst. Kein Tool, kein noch so kluges System wird dich retten. Es sind deine eigenen Schritte, die den Weg bereiten – manchmal unsicher, manchmal unvollkommen, aber immer echt.

Das wahre Werkzeug bist du selbst. Deine Hände, dein Atem, dein Wille, dein Mut, ins Leben zu greifen.

Posted on August 25, 2025 .

Mit der Bewegung fliessen – warum Twists den Galopp leichter machen

Hast du immer wieder das Gefühl, im Galopp festzuhalten oder aus dem Takt zu geraten? Vielleicht spürst du, dass dein Oberkörper unbeweglich bleibt, dein Becken blockiert oder dein Pferd unter dir unruhig wird. Oft liegt der Grund nicht beim Pferd, sondern darin, dass dein Körper die feinen Spiralbewegungen des Galopps nicht geschmeidig mitgehen kann.

Damit du verstehst, was hier passiert, schauen wir uns den Bewegungsablauf im Galopp genauer an.

Der Bewegungsablauf im Galopp – Schritt für Schritt

1. Einsprung mit dem inneren Hinterbein
Das innere Hinterbein tritt weit unter den Schwerpunkt. Gleichzeitig hebt sich der innere Vorderfuss, um Platz zu machen. Das Becken des Pferdes kippt leicht ein, die innere Schulter hebt sich, die äussere senkt sich. Im Rücken des Pferdes beginnt die Spiralbewegung um die Längsachse.
Für dich: Deine innere Beckenseite schwingt nach vorn-unten, die äussere dreht leicht zurück. Auch in deiner Wirbelsäule ist eine feine Rotation spürbar.

2. Einbeinstütze auf dem inneren Hinterbein
Für einen Moment trägt das innere Hinterbein fast allein das Gewicht. Dabei muss der Rücken des Pferdes sowohl Tragkraft als auch Rotation koordinieren.
Für dich: Dein Becken sollte elastisch bleiben, damit du die Spiralbewegung zulässt und nicht blockierst.

3. Abfussen und Vorgriff der Vorderbeine
Zuerst fusst das äussere Vorderbein auf, kurz darauf das innere. Dabei senkt sich die innere Schulter, die äussere hebt sich. Die Spiralbewegung setzt sich über die Brustwirbelsäule bis in den Schulterbereich fort.
Für dich: Dein Brustkorb nimmt diese Rotation sanft auf. Deine Schultern bleiben insgesamt aufgerichtet und gerade, sie folgen der Bewegung nur minimal.

4. Schwebephase
Alle vier Beine verlassen den Boden. Der Rücken streckt sich, die Rotation wird für einen Moment kleiner, fast gerade.
Für dich: Du bleibst aufgerichtet und in Balance, ohne dich festzuhalten.

Wie du die Bewegung im Sattel spürst

Über dein Becken kannst du erkennen, ob du im Links- oder Rechtsgalopp bist:

  • Im Linksgalopp schwingt deine linke Beckenseite sanft nach vorn-unten.

  • Im Rechtsgalopp ist es entsprechend die rechte Beckenseite.

Im Oberkörper spürst du eine feine Gegenrotation: Im Linksgalopp dreht sich dein Brustkorb leicht nach rechts, im Rechtsgalopp leicht nach links. Es sind nur wenige Grad – klein genug, um stabil zu bleiben, gross genug, um elastisch mitzuschwingen.

Häufige Schwierigkeiten

  • Zu starr: Wenn du dein Becken festhältst, blockierst du die Spiralbewegung. Dein Pferd reagiert mit Spannung oder Taktfehlern.

  • Zu viel Mitschwingen: Wenn du den Oberkörper überdrehst oder mit der Schulter nach vorne kippst, verlierst du Stabilität.

Das Ziel ist ein dosiertes Mitschwingen: Becken beweglich, Brustkorb elastisch, Schultern stabil in der Mitte.

Warum Yoga hilft

Twists – Drehhaltungen im Yoga – trainieren genau diese Balance: Beweglichkeit in Hüften und Wirbelsäule, Aufrichtung im Oberkörper und Weite im Brustkorb. Sie lehren dich, feine Rotationen bewusst zuzulassen, ohne dich zu verlieren.

Fünf hilfreiche Twists aus dem Yoga

  1. Halber Drehsitz (Ardha Matsyendrasana)
    Setze dich mit ausgestreckten Beinen hin. Stelle den rechten Fuss aussen neben dein linkes Knie. Der linke Ellbogen kommt an die Aussenseite des rechten Knies, die Hand vor die Brust. Richte die Wirbelsäule lang auf und drehe den Oberkörper nach rechts. Wiederhole später zur anderen Seite.

  2. Gedrehte Kindhaltung (Parivrtta Balasana)
    Aus der Kindhaltung streckst du den rechten Arm unter dem Körper nach links durch, bis Schulter und Schläfe den Boden berühren. Der linke Arm kann nach vorne ausgestreckt bleiben. Spüre die Drehung in Rücken und Schultern. Wiederhole zur anderen Seite.

  3. Gedrehte Rückenlage (Jathara Parivartanasana)
    Lege dich auf den Rücken, ziehe beide Knie zur Brust und lasse sie nach rechts sinken. Die Arme liegen ausgestreckt, der Kopf dreht nach links. Halte die Schultern am Boden. Nach einigen Atemzügen wechsle die Seite.

  4. Gedrehter Stuhl (Parivrtta Utkatasana)
    Gehe in eine tiefe Kniebeuge. Bringe den rechten Ellbogen an die Aussenseite deines linken Knies, die Hände vor der Brust. Richte die Wirbelsäule lang auf, während du dich nach links drehst. Achte darauf, dass beide Knie gleich weit nach vorn zeigen. Dann zur anderen Seite.

  5. Gedrehter Ausfallschritt (Parivrtta Anjaneyasana)
    Gehe in einen tiefen Ausfallschritt mit dem rechten Bein vorn. Setze die linke Hand aussen neben den rechten Fuss, der rechte Arm streckt sich nach oben. Drehe den Oberkörper nach rechts, die Hüften bleiben parallel nach vorne ausgerichtet. Dann die Seite wechseln.

Galopp ist keine gleichförmige Bewegung, sondern eine feine Spirale, die Pferd und Reiterin gemeinsam tragen. Dein Körper braucht Elastizität im Becken, Beweglichkeit in der Wirbelsäule und zugleich Stabilität im Oberkörper. Die fünf vorgestellten Twists im Yoga sind eine direkte Vorbereitung darauf: Sie lehren dich, die Drehung bewusst aufzunehmen, dabei aufrecht zu bleiben und in der Bewegung weich mitzuschwingen. So entsteht Leichtigkeit – und Galoppieren wird zu einem harmonischen Fluss.

Posted on August 17, 2025 .

Stark und geschmeidig – Yoga als Geheimwaffe für Reiterinnen

In diesem Blogpost zeige ich dir 8 ausgewählte Yogaübungen, die sich für Reiterinnen eignen und sich ideal direkt im Stall umsetzen lassen. Du brauchst keine Hilfsmittel und musst dich nicht auf den Boden setzen – alles findet im Stehen statt, zwischen Sattelkammer und Weide, in Reithose oder Stallstiefeln. Die kleine Sequenz dauert nur etwa 10 Minuten, kann aber auch in einer kompakten 5-Minuten-Variante ausgeführt werden. Dabei werden alle grossen Gelenke bewegt, insbesondere Hüfte und Schultern, und du aktivierst genau die Muskelgruppen, die dich im Sattel unterstützen. Du kräftigst den Körper, dehnst gezielt beanspruchte Bereiche, schulst Koordination und Balance – und bereitest dich so optimal auf einen harmonischen, ausbalancierten Ritt vor.

Tadasana – Berghaltung

Füsse hüftbreit aufstellen, Gewicht gleichmässig auf beide Füsse verteilen. Zehen sanft spreizen, Knie gelöst, Steissbein sanft nach unten ziehen, Schambein leicht nach oben kippen. Wirbelsäule aufrichten, Schultern nach hinten unten rollen, Brust geöffnet, Scheitel strebt nach oben. Arme locker neben dem Körper, Handflächen leicht geöffnet. Im Reiten hilft dir diese Haltung, deine Grundachse zu finden – so wie ein ruhiger, ausbalancierter Sitz im Sattel. Kräftigt M. quadriceps femoris (vierköpfiger Oberschenkelmuskel) und M. erector spinae (Rückenstrecker). Dehnt sanft die Fussmuskulatur und fördert die Wahrnehmung der Körperachse. Halten: 30 Sekunden.

Stuhlposition mit Armkreisen (Utkatasana-Variation)

Füsse hüftbreit, Knie beugen, als würdest du dich auf einen Stuhl setzen. Gewicht gleichmässig auf den ganzen Fuss verteilen. Oberkörper leicht nach vorne neigen, ohne ins Hohlkreuz zu fallen, Steissbein nach unten, Schambein hoch. Arme in Verlängerung des Oberkörpers nach vorne oben strecken und in grossen Kreisen rückwärts und vorwärts bewegen. Brust geöffnet lassen. Fördert einen stabilen, elastischen Sitz mit aktiven Beinen und freiem Oberkörper. Kräftigt M. quadriceps femoris (vierköpfiger Oberschenkelmuskel), M. gluteus maximus (grosser Gesässmuskel) und M. deltoideus (Deltamuskel). Dehnt sanft die Schultermuskulatur und öffnet den Brustbereich. Halten: 5–6 Atemzüge, Kreise in beide Richtungen.

Adlerarme im Stand (Garudasana-Arme)

Arme vor der Brust kreuzen, Ellbogen übereinander, Unterarme umeinander winden, Handflächen zueinander. Ellbogen leicht anheben, Schultern bewusst nach unten sinken lassen, Brust geöffnet für freien Atem. Löst Spannung in Schultern und Händen. Kräftigt M. rhomboideus (Rautenmuskel) und M. trapezius pars transversa (mittlerer Teil des Trapezmuskels). Dehnt M. deltoideus posterior (hinterer Deltamuskel) und M. latissimus dorsi (breiter Rückenmuskel). Halten: 5 Atemzüge pro Seite, dann Seite wechseln.

Krieger II (Virabhadrasana II)

Weite Grätsche, hinteren Fuss leicht nach innen drehen, vorderen Fuss nach vorne ausgerichtet. Vorderes Knie beugen, bis es über dem Sprunggelenk steht. Steissbein nach unten, Schambein hoch, Becken neutral ausrichten. Die Aussenkante des hinteren Fusses gut in den Boden drücken. Arme nach vorne und hinten auf Schulterhöhe ausstrecken, Brust geöffnet, Blick über die vordere Hand. Fördert Stabilität im Unterkörper und Offenheit im Oberkörper, sodass Hilfen klarer gegeben werden können. Kräftigt M. quadriceps femoris (vierköpfiger Oberschenkelmuskel), M. gluteus medius (mittlerer Gesässmuskel) und M. deltoideus (Deltamuskel). Dehnt M. adductor longus (langer Adduktor) und M. adductor magnus (grosser Adduktor). Halten: 5–6 Atemzüge pro Seite, dann Seite wechseln.

Krieger III (Virabhadrasana III)

Aus dem Stand das Gewicht nach vorne verlagern, hinteres Bein anheben, Oberkörper nach vorne neigen, bis er parallel zum Boden ist. Becken parallel zum Boden halten, die Zehen des hinteren Fusses zum Boden drehen. Arme in Verlängerung des Oberkörpers nach vorne strecken. Brust geöffnet lassen. Fördert Balance und Unabhängigkeit der Hilfen im Sattel. Kräftigt M. gluteus maximus (grosser Gesässmuskel), M. hamstrings (ischiocrurale Muskulatur) und M. erector spinae (Rückenstrecker). Dehnt M. gastrocnemius (Zwillingswadenmuskel) und M. soleus (Schollenmuskel). Halten: 5 Atemzüge pro Seite, dann Seite wechseln.

Dynamischer Ausfallschritt mit Rotation (Lunge Twist)

In einen hohen Ausfallschritt treten – vorderes Knie über dem Sprunggelenk, hinteres Bein gestreckt, Ferse angehoben. Hände in Gebetshaltung vor der Brust. Oberkörper zur Seite des vorderen gebeugten Beins drehen, den gegenüberliegenden Ellbogen (z. B. rechter Ellbogen bei linkem Bein vorne) an die Aussenseite des gebeugten Knies bringen. Blick – wenn möglich – nach oben. Verbessert Beweglichkeit in Wirbelsäule und Hüfte und schult die Verbindung zwischen Ober- und Unterkörper. Kräftigt M. quadriceps femoris (vierköpfiger Oberschenkelmuskel), M. gluteus maximus (grosser Gesässmuskel) und M. erector spinae (Rückenstrecker). Dehnt M. iliopsoas (Hüftbeuger) und M. obliquus externus abdominis (äusserer schräger Bauchmuskel). Halten: 3–5 Atemzüge pro Seite, dann Seite wechseln.

Seitliche Ausfallschritt-Dehnung (stehende Skandasana-Variante)

Weite Grätsche, Gewicht auf ein Bein verlagern, Knie beugen, anderes Bein gestreckt lassen. Oberkörper aufrecht, Hände locker auf Oberschenkeln. Langsam zur anderen Seite wechseln. Öffnet Hüften und lockert Beinmuskulatur – so sitzt du lockerer und mitschwingender. Kräftigt M. quadriceps femoris (vierköpfiger Oberschenkelmuskel) und M. gluteus maximus (grosser Gesässmuskel). Dehnt M. adductor longus (langer Adduktor) und M. gracilis (schlanker Muskel). Halten: 3 Atemzüge pro Seite, dann Seite wechseln.

Baumposition (Vrikshasana)

Gewicht auf ein Bein verlagern, Standbein quadrizepsbewusst aktivieren. Steissbein nach unten, Schambein leicht hoch, Becken gerade halten. Anderen Fuss an die Innenseite von Wade oder Oberschenkel legen (nicht ans Knie). Hände vor der Brust oder Arme seitlich öffnen. Schult Gleichgewicht, Körpersymmetrie und zentriertes Becken. Kräftigt M. quadriceps femoris (vierköpfiger Oberschenkelmuskel), M. gluteus medius (mittlerer Gesässmuskel) und M. tibialis anterior (vorderer Schienbeinmuskel). Dehnt M. adductor longus (langer Adduktor) und M. adductor magnus (grosser Adduktor). Halten: 5 Atemzüge pro Seite, dann Seite wechseln.

Tadasana – Berghaltung

Kehre zurück in die Berghaltung. Die Füsse stehen hüftbreit. Das Gewicht ist gleichmässig verteilt. Die Knie sind locker. Die Arme hängen locker neben dem Körper. Die Handflächen sind nach vorne geöffnet. Die Schultern sind entspannt. Die Wirbelsäule ist lang. Halte diese Position für fünf Atemzüge.

Dein 10-Minuten-Flow

  1. Tadasana – 30 Sek.

  2. Stuhlpose mit Armkreisen – 5 Kreise vorwärts/rückwärts

  3. Adlerarme – 5 Atemzüge pro Seite

  4. Krieger II – 5 Atemzüge pro Seite

  5. Krieger III – 5 Atemzüge pro Seite

  6. Dynamischer Ausfallschritt mit Rotation – 3 Wiederholungen pro Seite

  7. Seitliche Ausfallschritt-Dehnung – 3 Atemzüge pro Seite

  8. Baumposition – 5 Atemzüge pro Seite

  9. Tadasana – 3 tiefe Atemzüge

Posted on August 11, 2025 .

Narben, Licht und Lebensfreude – was mein Pferd mich über Verletzlichkeit lehrt

von Pia

Mit dem Sommerfell sieht mein Pferd Lince immer besonders schön aus. Im warmen Sonnenlicht glänzt sein schwarzes Fell gesund und kräftig. Muskeln spielen unter der Haut, die Augen leuchten. Und doch sehe ich sie – diese Narbe. Gross und unübersehbar, wie ein Loch entstellt sie seinen Bauch. Ein stummer Zeuge dessen, was wir zusammen durchgemacht haben.

Jedes Mal, wenn ich sie sehe, zieht sich mein Herz kurz zusammen. Ich bin sofort wieder dort – in dieser Zeit, als sein Leben am seidenen Faden hing. Mehrere Wochen Tierklinik. Bangen. Hoffen. Zweifel. Nur noch Haut und Knochen war Lince damals. Doch er hat gekämpft – mit einer Kraft, die ich nie vergessen werde. Die ganze Geschichte kann ich ein andermal erzählen, es war eine schwere Zeit und am Ende ein kleines Wunder: Er lebt!

Heute galoppiert er gesund mit Lebensfreude über die Weide. Und obwohl diese Narbe so sichtbar ist, zeigt sie mir nicht nur Schmerz, sondern auch Stärke. Sie erzählt von Überlebenswille, Liebe, Vertrauen – und von einer Transformation, die ich erst viel später verstehen konnte.

„Die Wunde ist der Ort, an dem das Licht in dich eindringt.“
– Rumi

Damals, inmitten der Angst, ist mir dieser Satz begegnet, aber statt Trost darin zu finden, habe ich ihn gehasst. Ich wollte nichts mit Licht und Wachstum zu tun haben – ich wollte einfach nur, dass mein Pferd gesund wird. Dass alles wieder "normal" wird.

Heute spüre ich, dass Rumi recht hatte. Durch diesen Schmerz ist etwas in mir aufgegangen. Ich bin weicher geworden, ehrlicher. Mit dieser erlebten Verletzlichkeit und dem durchlebten Schmerz wurde ich echter. Es kommt mir vor, als wäre mein Horizont dadurch ein bisschen weiter geworden und ich habe heute viel mehr Verständnis und Mitgefühl, wo ich vorher unbewusst wegschaute oder belächelte. Und ich erkenne besser: Jeder trägt sein Päckchen. Seine Unsicherheit, seinen Schmerz und seine Ängste.

Der Prozess des Heilens kann sich anfühlen, wie inneres Sterben. Nicht im dramatischen Sinn – sondern ganz leise. Etwas in dir zerbricht. Gewohnte Muster, falsche Sicherheiten, alte Geschichten, Identifikationen, die sich auflösen. Bevor Frieden kommt, herrscht oft Unruhe. Bevor du wieder ganz bei dir ankommst, fühlst du dich verloren.

Heilung ist nichts Sanftes oder Schönes in dem Moment selbst.
Es ist das Aushalten der Tiefe, das Bleiben im Schmerz, ohne eine Lösung zu haben, aber auch ein Loslassen und Vertrauen. Heilung heißt nicht, dass es sofort besser wird. Aber es heisst, nicht aufzugeben.

Narben – ob sichtbar oder nicht – tragen wir alle. Sie erzählen Geschichten. Manche werden nie ganz verheilen. Und doch leuchten wir manchmal gerade wegen ihnen. Sie geben uns eine Tiefe und machen uns menschlich. Ich würde sogar behaupten, dass ich mit Menschen, die selber Schmerz und Verletzung durchlebt haben, oft eine tiefere Verbundenheit fühle.

Dann kam diese Zeit, in der ich in ständiger Angst lebte. Am liebsten hätte ich mein Pferd in Watte gepackt, um es vor allem zu schützen. Jeder, dem ich von Lince erzählte, bekam auch gleich seine ganze Geschichte zu hören – inklusive der tragischen Wendung und dem Happy End. Die Verletzung war allgegenwärtig. Sie war mein Erklärungsversuch für Rückschritte, Unsicherheiten, ja manchmal sogar für meine eigenen Ängste. Ich reduzierte mein Pferd auf diese Krankheitsgeschichte – gab ihr zu viel Raum, zu viel Energie. Heute weiss ich: Auch das war ein Teil des Heilungsprozesses. Heilung verläuft nicht linear – sie ist kein klarer Schnitt zwischen „verletzt“ und „gesund“. Ich musste erst lernen, die Verletzung nicht als Identität zu begreifen, sondern als Teil einer Geschichte, die weitergeht. Es war eine bewusste Entscheidung Lince nicht länger als verletzliches, schwaches Wesen zu sehen, sondern als das kraftvolle, lebendige Pferd, das er trotz – oder vielleicht gerade wegen – dieser Erfahrung ist. Ja, er hat Einschränkungen, ja, es gibt Momente, in denen wir besonders achtsam sein müssen. Aber das ist nicht alles, was ihn ausmacht. Ich habe gelernt, Schmerz und Schwäche ernst zu nehmen – ihnen den Raum zu geben, den sie verdienen. Aber auch, sie auf ihren Platz zu verweisen. Denn sie sind nur ein Teil – nicht das Ganze. Und ich habe gelernt, dass es viel Zeit und Vertrauen braucht. Heilung kann man nicht erzwingen und auch nicht beschleunigen, aber sie kommt.

Wenn ich heute meinem Pferd beim Herumtollen zusehe, erfüllt mich tiefe Dankbarkeit. Seine Narbe wird nie verschwinden. Aber sie erinnert mich daran, dass das Leben nicht perfekt sein muss, um schön zu sein. Dass wir wachsen dürfen – gerade an den Bruchstellen. Ich durfte erkennen, dass Schmerz und Tiefen untrennbar zum Leben gehören – und uns oft erst vollständig machen. Dass alles im Wandel ist, und manches Glück sich erst im Rückblick als solches zeigt. Selbst Narben können Geschenke sein – wenn wir bereit sind, sie als solche anzunehmen. Letztlich liegt es an uns, ob wir uns von ihnen verhärten und ängstigen lassen, oder ob wir den Weg wählen, der uns weich macht, dankbar und mutig zugleich.

Posted on August 2, 2025 .

Eine Meditation für volle Köpfe und volle Tage

3 Punkte – ein Moment der Stille

Eine Meditation für mehr Ruhe, Fokus und Verbindung

In einer Welt, in der Gedanken ständig kreisen, To-do-Listen länger werden und der Alltag selten innehält, kann schon ein einziger stiller Moment heilsam sein. Besonders für jene von uns, die viel denken, viel fühlen – und manchmal das Gefühl haben, dabei sich selbst zu verlieren.

Meditation gilt oft als grosse Kunst. Als etwas, das nur in völliger Ruhe gelingt, fernab vom Trubel, vielleicht sogar im Schneidersitz auf einem Kissen. Doch Präsenz beginnt nicht im perfekten Setting – sondern im Körper. Denn der Körper ist das Einzige, was wirklich präsent ist. Er denkt nicht über gestern nach, er plant kein Morgen. Er ist einfach da – atmend, hörend, spürend.

Die 3-Punkte-Meditation basiert genau auf dieser einfachen Erkenntnis: Dass der Weg zur geistigen Ruhe nicht über das Denken führt, sondern über das Fühlen. Über den Körper, den Atem, das Hören – über das, was immer da ist, wenn wir den Geist einen Moment lang nicht mitnehmen.

Warum gerade diese Meditation wirkt

Diese kurze Meditation richtet sich an alle, die sich schwer konzentrieren können, deren Geist oft abschweift, die Mühe haben, sich in der Fülle der Gedanken zu zentrieren. Denn genau dafür ist sie gemacht: Statt gegen die Unruhe zu kämpfen, wird der Geist sanft beschäftigt. Durch die gleichzeitige Ausrichtung auf drei Wahrnehmungspunkte – einen fixierten Blickpunkt, ein feines Körpergefühl und das bewusste Hören – bekommt der Geist nicht mehr genug Raum, sich in Gedanken zu verlieren. Er wird eingeladen, zu verweilen. Nicht in einer Vorstellung, sondern in dem, was wirklich da ist.

Das klingt einfach – und ist es auch. Und gerade deshalb so kraftvoll.

Was sagt die Forschung?

Zahlreiche wissenschaftliche Studien bestätigen heute, was in vielen spirituellen Traditionen seit Jahrhunderten gelehrt wird: Meditation verändert unser Gehirn, unseren Körper und unser Erleben.

Bereits wenige Minuten am Tag können:

  • die Aktivität der Amygdala, dem Zentrum für Angst und Stress, reduzieren

  • den präfrontalen Kortex stärken, der für Konzentration und Selbstregulation zuständig ist

  • die Ausschüttung von Stresshormonen senken

  • den Parasympathikus aktivieren – jenes Nervensystem, das für Regeneration, Heilung und Ruhe verantwortlich ist

  • das Immunsystem stärken

  • den Schlaf verbessern

  • emotionale Reaktivität senken und das Mitgefühl erhöhen

Vor allem sogenannte Achtsamkeitsmeditationen, bei denen der Fokus auf den gegenwärtigen Moment gelegt wird, zeigen deutliche Effekte – selbst bei kurzen, regelmässigen Übungen.

Präsenz ist trainierbar

Unser Geist ist wie ein Muskel: Was wir oft denken, fühlen oder glauben, wird zur Gewohnheit. Wer ständig abgelenkt ist, trainiert genau das. Wer beginnt, immer wieder in die Stille zurückzukehren – trainiert Präsenz. Es braucht keine stundenlange Praxis. Drei bis fünf Minuten reichen, um das Nervensystem umzuschalten. Wichtig ist die Regelmässigkeit. Die Entscheidung, sich jeden Tag einmal ganz sich selbst zuzuwenden.

Und genau hier setzt diese Meditation an: Sie ist einfach, unaufdringlich und überall durchführbar – ob am Morgen, beim Pferd, auf dem Sofa oder in einem vollen Tag. Sie braucht nichts ausser dir selbst – deinem Körper, deinem Blick, deinem Hören.

Was du gewinnst

Wer regelmässig meditiert – und sei es nur für wenige Minuten am Tag – erfährt oft:

  • mehr innere Ruhe

  • grössere Konzentrationsfähigkeit

  • ein tieferes Körperbewusstsein

  • eine klarere Verbindung zu sich selbst

  • ein besseres Gespür für Bedürfnisse und Grenzen

  • mehr Mitgefühl – mit sich selbst und anderen

  • mehr Resilienz im Alltag

Besonders im Zusammenspiel mit Pferden wirkt diese Praxis oft wie ein Verstärker. Denn Pferde spiegeln unsere innere Präsenz – sie reagieren auf Stille, auf Echtheit, auf das, was in uns wirklich da ist. Je stiller wir werden, desto klarer wird oft auch die Verbindung.

Einladung zur Praxis

Wenn du magst, probiere es aus. Nimm dir fünf Minuten. Setze dich. Wähle einen Punkt im Raum. Richte deinen Blick. Spüre deinen Körper. Höre. Und bleib.

Du musst nichts verändern. Nur da sein.

Denn manchmal beginnt Veränderung genau hier: In einem Moment der Stille.

P.S.: Wenn du die 3-Punkte-Meditation selbst ausprobieren möchtest – du kannst dir die genaue Anleitung kostenlos herunterladen. Ein paar Minuten können viel verändern.

zur meditation
Posted on July 28, 2025 .