Mentale Stärke im Sattel – 10 Wege zu mehr innerer Balance beim Reiten

Reiten ist weit mehr als Technik, Kondition und Körpergefühl. Es ist eine innere Haltung. Denn oft scheitern wir nicht an der körperlichen, sondern an der mentalen Seite. Wir kümmern uns um den Sattel, den Hufschmied, das richtige Futter und den nächsten Trainingsschritt – aber vergessen dabei manchmal uns selbst. Dabei beginnt gutes Reiten genau hier: in uns.

Mentale Stärke ist kein starres „Funktionieren“, sondern die Fähigkeit, auch in schwierigen Momenten ruhig, klar und verbunden zu bleiben. Sie wächst mit Erfahrung, Achtsamkeit – und mit Bewusstsein dafür, was in uns passiert.

Hier findest du zehn Wege, wie du deine mentale Stärke als Reiter*in vertiefen kannst.

1. Angst verstehen statt verdrängen

Angst gehört zum Reiten – jede*r kennt sie. Entscheidend ist, wie wir damit umgehen. Visualisierung, Atemübungen oder bewusste Gedanken können helfen, die Kontrolle zurückzugewinnen. Angst ist kein Zeichen von Schwäche, sondern eine Einladung, Vertrauen aufzubauen – zu dir selbst und zu deinem Pferd.

2. Selbstvertrauen aufbauen

Pferde brauchen Sicherheit, und sie spüren, ob wir sie ausstrahlen. Vertrauen wächst nicht über Nacht. Es entsteht durch kleine Schritte, klare Ziele und echte Erfolge. Nimm dir Zeit, feiere Fortschritte – und lerne, dich selbst als verlässliche Partnerin deines Pferdes zu sehen.

3. Präsenz üben

Mentale Stärke heisst, ganz da zu sein. Nicht beim nächsten Termin oder in alten Gedanken. Beim Reiten bedeutet das, die Sprache deines Pferdes wahrzunehmen: Atmung, Rhythmus, Spannung, Blick. Ein paar tiefe Atemzüge, ein inneres Zurückkehren ins Jetzt – und plötzlich wird alles klarer, einfacher, weicher.

4. Vorbereitung als Ritual

Oft steigen wir in den Sattel, noch halb im Alltag. Dabei beginnt das Reiten schon am Boden. Ein bewusstes Putzen, ein kurzes Dehnen, Musik oder Stille – was auch immer dir hilft, anzukommen. Diese Minuten schaffen Verbindung und Ruhe, bevor du aufsteigst.

5. Freundlich mit dir selbst sprechen

Was du über dich denkst, formt, wie du reitest. Negative Gedanken schwächen, genauso wie Anspannung oder Selbstkritik. Versuch, deine innere Stimme bewusst zu verändern: „Ich darf lernen. Ich bin ruhig. Ich wachse mit jedem Ritt.“ Es klingt einfach – aber es verändert alles.

6. Visualisieren

Bevor du reitest, stell dir vor, wie es sich anfühlen soll. Nicht im Sinne von Kontrolle, sondern als mentale Vorbereitung. Sieh dich in harmonischem Gleichgewicht, spür den Atem deines Pferdes, die Bewegung, den Takt. So trainierst du dein Nervensystem auf Ruhe und Klarheit.

7. Realistische Erwartungen

Manchmal wollen wir zu viel – und vergessen, dass Lernen Zeit braucht. Setz dir erreichbare Ziele, teile sie in kleine Schritte und freu dich über jedes Stück Entwicklung. Auch Rückschritte gehören dazu. Wenn du sie als Teil des Weges annimmst, bleibst du motiviert – und dein Pferd spürt diese Gelassenheit.

8. Offen bleiben

Reiten ist ein lebenslanges Lernen. Niemand hat „die“ Wahrheit. Hör zu, beobachte, lerne – von Trainerinnen, Hufschmiedinnen, Tierärzt*innen, von deinem Pferd. Ein offener Geist ist stärker als jeder feste Plan.

9. Vertrauen entwickeln

Vertrauen beginnt mit dir. Du kannst viele Meinungen hören, aber am Ende triffst du die Entscheidungen für dich und dein Pferd. Spür hin, was sich richtig anfühlt. Das ist kein esoterischer Rat, sondern gelebte Verantwortung. Vertraue deiner Wahrnehmung – sie ist dein Kompass.

10. Widerstandskraft stärken

Nicht jeder Tag im Stall ist leicht. Verletzungen, Rückschritte, Unsicherheiten – sie gehören dazu. Mentale Stärke bedeutet, dranzubleiben, auch wenn es unbequem wird. Jede Herausforderung, die du überstehst, macht dich klarer, geduldiger, menschlicher – und zu einer besseren Reiterin.

Mentale Stärke wächst über die Zeit. Sie zeigt sich nicht in perfekten Ritten, sondern in der Art, wie du atmest, wenn etwas nicht klappt. In der Ruhe, die du bewahrst, wenn dein Pferd sich verspannt. Und in der Bereitschaft, immer wieder neu zu beginnen.

Denn Reiten ist kein Wettkampf mit dir selbst. Es ist ein Weg der Verbindung – mit deinem Pferd, mit deinem Körper, mit deinem inneren Gleichgewicht.

Posted on October 20, 2025 .

Die Sehnsucht nach Freiheit – und was sie dem Pferderücken zumutet

Es ist ein Bild, das sich tief eingebrannt hat in das kollektive Reiterinnen-Herz: Die Haare im Wind, kein Sattel, kein Zaumzeug – nur du, das Pferd und die Weite. Auf Social Media ist diese Vorstellung längst zum Sinnbild einer neuen Reitkultur geworden, in der Freiheit, Verbindung und Natürlichkeit im Vordergrund stehen. Auch bei unseren Retreats höre ich oft davon. „Ich bin auch mal ohne Sattel geritten“, erzählen Teilnehmerinnen, nicht selten mit leuchtenden Augen. Und ja – es fühlt sich leicht an, wild, ursprünglich. Zumindest für uns.

Doch was für den Menschen nach Losgelöstheit klingt, kann für das Pferd eine stille Überforderung sein.

Wenn du gerade sitzt, lade ich dich zu einer kleinen Übung ein: Forme mit deinen Händen vor dir eine Schale – und setz dich behutsam hinein. Was du sofort spürst, sind zwei spitze Punkte an deinem Gesäss. Deine Sitzbeinhöcker. Sie tragen dich beim Sitzen, sie geben deinem Körper Halt. Doch genau diese beiden kleinen Flächen treffen – wenn du ohne Sattel reitest – direkt auf den Rückenmuskel deines Pferdes. Dort, wo sich die langen Rückenmuskeln befinden, die sogenannten epaxialen Muskeln, die das Reitergewicht tragen – oder besser gesagt: aushalten müssen.

Die Forschung zeigt inzwischen deutlich, was dabei passiert. In einer viel zitierten Studie von Clayton et al. (2013) wurde mit sensiblen Druckmesssystemen untersucht, wie sich Reiten mit und ohne Sattel auf die Druckverteilung auswirkt. Das Ergebnis ist eindeutig: Ohne Sattel entstehen fokale Druckspitzen, insbesondere genau dort, wo unsere Sitzbeinhöcker aufliegen – im empfindlichen Bereich der epaxialen Muskulatur. Die Kontaktfläche ist deutlich kleiner, der Druck somit konzentrierter – und obwohl die gemessene Gesamtbelastung niedriger erscheint, ist gerade dieser punktuelle Druck kritisch. Die Forscher*innen sprechen von erhöhtem Risiko für muskuläre Schäden, insbesondere dann, wenn der Reitersitz instabil ist oder das Pferd ohnehin empfindlich im Rücken reagiert.

Auch eine aktuellere Analyse aus dem Jahr 2021 kommt zu ähnlichen Schlüssen: Bareback-Reiten – also das Reiten ohne Sattel – führe oft zu einer schlechten Gewichtsverteilung, die den Druck entlang der Wirbelsäule ungleichmässig und belastend auf bestimmte Zonen konzentriert. Vor allem bei untrainierten Reiter*innen oder in dynamischen Gangarten kann das zu Verspannungen, Schmerzen oder langfristigen Problemen führen.

Es geht hier nicht um ein Verbot. Auch ich liebe es, bewusst und verbunden mit dem Pferd zu arbeiten – manchmal ohne Zaum, ohne Sattel, mit nichts als Vertrauen zwischen uns. Doch diese Momente sind achtsam gewählt, kurz gehalten, eingebettet in ein Wissen um Biomechanik, Muskelstruktur und Erholung.

Denn: Freiheit bedeutet nicht, dass wir alles weglassen, was schützt. Freiheit entsteht dort, wo Verantwortung mitspielt. Und wo wir bereit sind, hinzuschauen, was unser Wunsch nach Leichtigkeit beim anderen Wesen auslöst.

Was ist mit Steigbügeln an Pads oder Lammfellsätteln?

Diese Kombination wirkt auf den ersten Blick praktisch – aber biomechanisch ist sie heikel. Pads haben keine stabilisierende Baumstruktur, keine Kammer und keine gepolsterten Kissen. Wenn man daran Steigbügel befestigt, wird der Zug aus dem Bügel direkt über das Pad auf den Pferderücken übertragen – genau dort, wo der Steigbügelriemen befestigt ist. Das liegt in der Regel im Bereich der Brustwirbelsäule, also unterhalb des Reiters, seitlich der Wirbelsäule.

Die Folge: punktuelle Druckspitzen an diesen Befestigungspunkten, vor allem dann, wenn das Pad weich oder instabil ist. Anders als bei einem gut sitzenden Sattel mit festem Baum fehlt hier jede Struktur, um diesen Zug abzufangen oder zu verteilen. Die Lendenregion ist davon nicht direkt betroffen, weil sich dort keine Steigbügelbefestigungen befinden – aber die sensiblen langen Rückenmuskeln im mittleren Rückenbereich stehen unter direkter Belastung.

Auch wenn es visuell nach Freiheit aussieht – biomechanisch entsteht eine Belastung, die weder vom Pferderücken noch vom Pad abgefangen wird. Deshalb gilt: Wer mit Pad reitet, sollte dies konsequent ohne Steigbügel tun. Dein Gleichgewicht wird dabei feiner, dein Sitz unabhängiger – und dein Pferd bleibt geschützt.

Was du stattdessen tun kannst – sanfte Wege zur Freiheit

  • Nutze ein gut gepolstertes, anatomisch geformtes Reitpad, das für diese Art des Reitens gemacht ist. Es sollte den Druck mildern, nicht nur dekorativ sein. Besonders dünne Decken oder Freizeit-Pads verteilen das Gewicht kaum und erhöhen das Risiko von Druckspitzen.

  • Reite ohne Steigbügel, wenn du mit Pad oder Lammfellsattel unterwegs bist. Das schult nicht nur dein Gleichgewicht, sondern verhindert auch punktuelle Belastung durch die Bügelbefestigung.

  • Begrenze die Dauer solcher Einheiten. Wenige Minuten im Schritt, auf einem gesunden, gut bemuskelten Pferd, können wertvoll sein. Längere Strecken oder gar Galopaden ohne Sattel sind biomechanisch schwer zu verantworten – selbst wenn sie sich für den Menschen frei anfühlen.

  • Trainiere deinen Sitz gezielt, auch abseits vom Pferd: Yoga, Pilates, Übungen auf dem Balancekissen – all das stärkt deine Körperwahrnehmung und lässt dich im Sattel (mit oder ohne) feiner mitschwingen.

  • Achte auf dein Pferd. Seine Rückmeldung ist oft leise, aber ehrlich: Verspannungen, Wegdrücken des Rückens, Taktunreinheiten oder verändertes Verhalten beim Aufsteigen können Hinweise sein, dass etwas zu viel war.

Vielleicht ist es das, was uns die Pferde immer wieder lehren: dass echte Verbindung nicht dort beginnt, wo alles frei und leicht aussieht, sondern dort, wo wir bereit sind, Verantwortung zu tragen – für unseren Körper, für unsere Bewegungen, für die Gesundheit des anderen.

Posted on October 12, 2025 .

Menfi – der stille Geheimtipp an Siziliens Südwestküste

Menfi liegt abseits der bekannten Touristenpfade – im Südwesten Siziliens, dort, wo die Sonne abends im Meer versinkt und das Licht die Landschaft in warme Goldtöne taucht. Zwischen Reben, Olivenhainen und langen, hellen Sandstränden zeigt sich hier ein Sizilien, das leiser ist. Ursprünglich. Nah an der Natur.

Ich durfte ein paar Tage im Ferienhaus von Marella und Corada verbringen. Die beiden haben neben ihrem Landhaus in der Nähe von Prizzi – wo wir bei unseren Retreats jeweils zum Mittagessen einkehren – auch dieses Haus in Menfi. Es liegt leicht erhöht mit Blick aufs Meer und bietet Zugang zu einem kleinen, privaten Strand, den man in drei Minuten zu Fuss erreicht.

Das Städtchen Menfi selbst ist ruhig und eher unauffällig. Wer nach Postkartenmotiven sucht, wird sie hier kaum finden. Aber wer bereit ist, ein wenig genauer hinzuschauen, entdeckt einen Ort mit ganz eigenem Rhythmus – geprägt von Landwirtschaft, Weinkultur und der Nähe zum Meer.

Besonders schön ist der Abschnitt beim Insula Beach Club, der zum bekannten Weingut Planeta Estate gehört. Dort führt ein kleiner Weg direkt an den Strand. Es ist ein langer, feinkörniger Küstenabschnitt mit Liegen, einer kleinen Strandbar und ruhiger Atmosphäre. Anfang Oktober ist es angenehm warm, das Meer sanft, die Strände fast leer – ideale Bedingungen für ein paar stille Stunden am Wasser, mit sanftem Wind und weitem Blick.

Planeta – Wein, Küche und Gastfreundschaft

Planeta ist weit über Sizilien hinaus bekannt. In Menfi betreibt das Weingut nicht nur grossflächigen Weinbau, sondern auch zwei stilvolle Unterkünfte: das Country House und La Foresteria.

La Foresteria ist ein elegantes Wine Resort mit Blick über die Reben bis zum Meer. Die Küche ist lokal, das Ambiente ruhig, die Atmosphäre gepflegt, aber unaufgeregt. Auch als Tagesgast kann man hier essen oder an einer Weinverkostung teilnehmen.

Das Country House, etwas einfacher, liegt ebenfalls wunderschön inmitten der Weingärten – es ist die letzte Unterkunft auf dem Rotta del Vino Ritt, einer fünftägigen Reittour durch das sizilianische Hinterland.

Kleine Ausflüge in der Umgebung

Von Menfi aus ist man in kurzer Zeit in Sciacca – einem Küstenstädtchen mit Hafen, engen Gassen, einer lebendigen Altstadt und der für die Region typischen Keramikkunst. Die Stadt liegt terrassenartig über dem Meer und lädt ein zu einem entspannten Spaziergang durch verwinkelte Strassen.

Ebenfalls gut erreichbar sind die Tempel von Selinunte. Sie gehören zu den eindrucksvollsten archäologischen Stätten Siziliens. Das Areal ist weitläufig, die Tempel sind unterschiedlich gut erhalten – manche rekonstruiert, andere wie umgestürzte Zeitzeugen in der Landschaft verteilt. Besonders ist die Lage direkt am Meer: Während man zwischen dorischen Säulen spaziert, weht ein leichter Wind vom Wasser herüber. Licht und Weite geben dem Ort eine fast meditative Stimmung. Besonders schön fand ich das kleine Café bei der Akropolis – dort kann man sich ein Eis holen und auf der Terrasse an den Tischen aufs Meer schauen.

Ein Ort für Ruhesuchende

Menfi ist kein klassischer Ferienort. Wer Trubel sucht, ist hier falsch. Wer aber einen Platz sucht, um abzuschalten, barfuss am Strand zu gehen, in einem einfachen Restaurant gut zu essen oder lokale Weine zu probieren, findet hier genau das. Und wer sich auf die Umgebung einlässt, entdeckt stille Schönheit – ganz ohne Inszenierung.

Erwähnte Orte & Links

Cinnamon, Ferienhaus von Marella & Corada

https://www.thethinkingtraveller.com/italy/sicily/villas/cinnamon
→ kostengünstiger mieten kannst du die Villa Cinnamon, wenn du dich direkt bei Marella meldest via Email oder per WhatsApp

Website Planeta (Übersicht Weingut & Hospitality)

https://www.planeta.it

Insula Beach Club (Planeta Estate)

https://www.planetaestate.it/hospitality/insula-beach-club

Planeta La Foresteria

https://www.planetaestate.it/hospitality/la-foresteria-menfi

Planeta Country House (letzte Unterkunft der Rotta del Vino)

https://www.planetaestate.it/hospitality/country-house-menfi

Stadt Sciacca

https://www.visitsciacca.com

Tempel von Selinunte (Parco Archeologico di Selinunte)

https://www.parcoselinunte.it

Posted on October 5, 2025 .

Warum es sich lohnt, den „Frosch“ gleich am Morgen zu schlucken

Bei mir ist die Energie am Morgen am grössten. Ich denke klarer, habe Kraft, Dinge umzusetzen, die mir wichtig sind. Dazu habe ich schon einmal einen Text geschrieben – lies gern auch meinen Blogpost Zwischen Klarheit und Kaffee, Gedanken über Morgenroutinen. Und trotzdem ertappe ich mich oft dabei, dass ich am liebsten trödeln würde. Ein bisschen durch Instagram scrollen, ein wenig herumsurfen, mich ablenken lassen. Doch ich weiss: genau diese ersten Stunden sind entscheidend. Wenn ich sie verschwende, ist die Energie für den ganzen Tag anders – zerstreut, brüchig, irgendwie kaputt.

Deshalb beginne ich inzwischen bewusst mit dem, was mir am schwersten fällt. Das neue Programm, das endlich geplant werden will. Eine Aufgabe in der Buchhaltung, die nicht warten kann. Oder die Überlegung, wie ich jemanden neu einarbeite. Gerade am Morgen, wenn mein Kopf am klarsten ist, widme ich mich diesen Dingen. Es fühlt sich an wie ein Berg, den ich besteige, noch bevor der Tag richtig begonnen hat – und genau dadurch wird der Rest des Tages leichter.

Ich habe einmal einen Text gelesen, der „Swallow the Frog“ hiess. Mark Twain soll gesagt haben, wenn man einen Frosch essen müsse, solle man das gleich am Morgen tun. Gemeint ist: die unangenehmste, wichtigste Aufgabe zuerst. Danach kann nichts Schlimmeres mehr kommen, und der Rest des Tages liegt freier vor dir.

Leo Babauta spricht in seinem Blog Zen Habits von den MITs, den most important tasks. Er empfiehlt, sich jeden Abend drei dieser Aufgaben zu notieren. Drei Dinge, die dich deinem Ziel wirklich näherbringen. Vielleicht ist es der Lauf am Morgen, weil du fitter werden willst. Vielleicht der nächste Schritt in einem Projekt. Vielleicht ein Telefonat, das du schon lange vor dir herschiebst. Es sind selten die Dinge, auf die man Lust hat, aber es sind die, die dich wachsen lassen.

Die Psychologie bestätigt das. Willenskraft ist keine unerschöpfliche Ressource. Roy Baumeister hat dafür den Begriff ego depletion geprägt: je mehr Entscheidungen wir im Laufe des Tages treffen, desto erschöpfter wird unsere innere Kraft, schwierige Aufgaben anzupacken. Am Morgen sind die Reserven noch gefüllt. Wer diese Zeit für das Wesentliche nutzt, baut eine Struktur, die trägt.

Es geht weniger um Motivation als um Systeme. James Clear beschreibt in Atomic Habits, dass wir nicht auf das Level unserer Ziele steigen, sondern auf das Level unserer Gewohnheiten fallen. Wenn es zur Routine wird, den Tag mit dem Wichtigsten zu beginnen, ist kein ständiger Kraftakt mehr nötig. Es wird zum selbstverständlichen Schritt in den Tag.

Wenn du es ausprobierst, wirst du merken, wie viel Energie frei wird. Mach dir am Abend eine kurze Liste deiner MITs. Starte den Tag ohne Handy. Nimm die grösste Aufgabe zuerst. Spüre, wie du danach mehr Selbstvertrauen hast, weil du dich selbst nicht im Stich gelassen hast. Spüre, wie viel leichter die kleineren Dinge fallen, wenn das Schwerste schon getan ist.

Für mich ist es zu einem stillen Ritual geworden. Ein Kaffee, ein Moment der Klarheit, und dann der erste Schritt in das, was wirklich zählt. So beginne ich den Tag mit einem Gefühl von Richtung und Stärke. Und am Abend, wenn ich zurückblicke, weiss ich: ich bin weitergekommen. Nicht weil ich alles geschafft habe, sondern weil ich das Wesentliche zuerst getan habe.

Wer tiefer eintauchen möchte, findet Inspiration in diesen Büchern:

Posted on September 29, 2025 .

Zwischen Push-Nachricht und Sattelkammer – wie Fokus dein Leben verändert

Manchmal merken wir es kaum. Wir sitzen am Laptop, beantworten gerade eine E-Mail, da ploppt eine Nachricht auf dem Handy auf. Gleichzeitig läuft Musik im Hintergrund, draussen redet jemand laut, ein Kollege stellt eine Frage. Und plötzlich wissen wir nicht mehr, was wir eigentlich gerade machen wollten. Unser Geist springt. Immer und immer wieder. Wie ein scheues Pferd, das sich nicht führen lässt, weil alles gleichzeitig nach Aufmerksamkeit ruft.

Ein solcher Zustand hat einen Namen: scattered mind. Ein zerstreuter Geist, der sich in alle Richtungen bewegt, aber nirgendwo wirklich ankommt. Und das kostet. Nicht nur Zeit, sondern auch Kraft, Klarheit, Präsenz – und letztlich das Gefühl, das eigene Leben wirklich zu gestalten.

Fokus hingegen ist wie eine ruhige Hand am Zügel. Es bedeutet, unsere geistige Energie auf eine einzige Sache zu lenken. Und damit die Kraft zu bündeln. Fokus ist nicht einfach ein Produktivitätstool. Fokus ist ein Zustand. Ein inneres Ausgerichtet-Sein. Und vielleicht mehr denn je eine Fähigkeit, die es in unserer überreizten Welt wieder zu üben gilt.

Der amerikanische Autor Cal Newport beschreibt in seinem Buch Digital Minimalism, wie stark unsere Aufmerksamkeit heute fragmentiert ist – durch Apps, Nachrichten, Benachrichtigungen, durch ein permanentes Gefühl, auf dem Sprung sein zu müssen. Er plädiert für bewusste, tiefe Konzentrationsphasen und den Mut, sich zu entziehen. Nicht um weniger zu tun, sondern um das Wesentliche wieder spüren zu können.

Auch in der Arbeit mit Pferden zeigt sich: Fokus ist kein Luxus, sondern die Grundlage für Vertrauen. Wenn ich im Stall stehe und gleichzeitig telefoniere, Nachrichten beantworte und gedanklich schon beim nächsten Termin bin, spürt mein Pferd das. Pferde reagieren nicht auf unsere Worte, sondern auf unseren Zustand. Ein klarer, stiller Fokus schafft Verbindung. Ein flatternder Geist überträgt Unruhe.

Und auf der Yogamatte? Dort lernen wir es jeden Tag neu. Wenn wir in einer Haltung bleiben – mit dem Atem, mit der Wahrnehmung, mit allem, was ist –, spüren wir: Fokus ist nicht Spannung. Fokus ist Präsenz. Es ist dieses feine, wache Dasein, bei dem nichts anderes wichtig ist als dieser Moment. Diese Bewegung. Dieser Atemzug.

Fokus ist lernbar. Wie ein Muskel, den wir trainieren können. Meditation ist eine der wirksamsten Methoden dafür. In der Drei-Punkte-Meditation etwa – die ich für dich erstellt habe – übst du, deine Aufmerksamkeit gezielt zu lenken: auf den Atem, die Geräusche um dich herum, die Empfindungen im Körper. Du lernst, Gedanken zu beobachten, ohne ihnen zu folgen. Und du lernst, wie es sich anfühlt, ganz da zu sein.

Auch im Alltag können kleine Veränderungen helfen:

  • Nur eine Sache zurzeit: Putze dein Pferd – und nichts anderes. Iss – und lies dabei keine Nachrichten. Antworte auf eine E-Mail – und nicht auf fünf gleichzeitig.

  • Reduziere Ablenkung: Schalte alle Push-Benachrichtigungen aus. Keine roten Punkte, keine vibrierenden Reminder. Dein Nervensystem wird es dir danken.

  • Blocke Zeitfenster: Bestimme zwei Zeiten pro Tag, in denen du E-Mails liest oder Social Media nutzt. Der Rest ist offline – und fokussiert.

  • Räume schaffen: Finde Orte, die Ruhe erlauben. Räume, in denen du ungestört bist. Und mache anderen deutlich: Jetzt ist Fokuszeit.

Es sind keine grossen Schritte. Aber sie verändern etwas. Du wirst schneller fertig mit dem, was du tust. Du fühlst dich präsenter, weniger erschöpft, klarer. Und mit der Zeit kommt etwas zurück, das vielen von uns verloren gegangen ist: die Freude am Tun selbst.

Denn da, wo Fokus ist, entsteht Tiefe. Und wo Tiefe ist, entsteht Sinn.

Posted on September 19, 2025 .

Wut ist besser als Depression

In meinen Retreats sehe ich immer wieder, wie schwer es fällt, Wut zuzulassen. Viele Teilnehmerinnen empfinden sie als unwillkommene Emotion, fast so, als wäre sie ein Rückschritt auf dem Weg zu innerem Frieden. Und doch zeigt uns die Emotional Scale von Abraham Hicks, dass Wut nicht das Ende ist – sondern ein wichtiger Schritt nach oben.

Woher die Emotional Scale kommt

Abraham Hicks – ein Kollektivbewusstsein, das von Esther Hicks gechannelt wird – beschreibt seit den 1980er-Jahren, wie unsere Emotionen Ausdruck unserer Schwingung sind. Die Emotional Scale, auch Emotional Guidance Scale genannt, ordnet diese Gefühle wie Stufen einer Treppe. Jede Emotion hat eine bestimmte energetische Frequenz. Je weiter „oben“ wir uns bewegen, desto leichter, kraftvoller und freier fühlt sich unser Leben an.

Die Stufen der Skala

Die Skala umfasst 22 Stufen – von der tiefsten Hoffnungslosigkeit bis hin zu Freude:

  1. Freude, Liebe, Freiheit, Wertschätzung, Ermächtigung

  2. Leidenschaft

  3. Begeisterung, Eifer, Glückseligkeit

  4. Positive Erwartungen, Überzeugung

  5. Optimismus

  6. Hoffnung

  7. Zufriedenheit

  8. Langeweile

  9. Pessimismus

  10. Frustration, Gereiztheit, Ungeduld

  11. Überforderung

  12. Enttäuschung

  13. Zweifel

  14. Sorge

  15. Vorwürfe

  16. Entmutigung

  17. Ärger

  18. Rache

  19. Hass, Wut

  20. Eifersucht

  21. Unsicherheit, Schuld, Wertlosigkeit

  22. Angst, Depression, Verzweiflung, Ohnmacht

Warum Wut ein Schritt nach oben ist

Die Skala macht deutlich: Depression und Ohnmacht stehen ganz unten. In diesem Zustand fehlt jede Energie, jeder Antrieb. Alles wirkt schwer, leblos, blockiert.

Wenn jedoch Wut auftaucht, verändert sich die Energie. Wut bringt Bewegung. Sie enthält Kraft, die aus der Erstarrung herausführt. Auch wenn sie sich unangenehm anfühlt – auf der Skala liegt sie bereits einige Stufen höher als Depression. Sie ist ein Signal, das wieder etwas fliesst.

In meinen Retreats erlebe ich oft, wie Pferde genau auf diese Energie reagieren. Sie spiegeln uns unmittelbar und laden uns ein, diese Kraft bewusst zu lenken. Auch in der Yogapraxis zeigt sich: wenn nach tiefer Traurigkeit plötzlich Ärger auftaucht, löst sich oft auch der Atem, der zuvor blockiert war.

Ein Weg in kleinen Schritten

Natürlich ist es nicht das Ziel, in der Wut zu bleiben. Doch sie kann als Übergangsemotion verstanden werden: von der Ohnmacht über die Wut hin zur Frustration, dann zur Hoffnung – und Schritt für Schritt hinauf zu Optimismus, Begeisterung und Freude.

Die Emotional Scale erinnert uns daran, das wir nicht sofort von Verzweiflung zu Glück springen müssen. Es geht darum, den nächsten erreichbaren Schritt zu finden. Jeder kleine Aufstieg zählt. Manchmal bedeutet das, den eigenen Ärger zu spüren. Manchmal heisst es, sich mit Hoffnung zu verbinden. Und manchmal reicht schon die stille Zufriedenheit, um das Herz leichter werden zu lassen.

Ein neuer Blick auf Wut

Wut ist nicht das Ziel, aber sie ist ein Wegweiser. Sie zeigt uns, das wir uns aus der Starre bewegen und wieder Kraft empfinden. In dieser Bewegung liegt die Chance, uns weiter nach oben zu tragen – hin zu Freude, Liebe und innerer Freiheit.

Posted on September 14, 2025 .

Liebe, Dankbarkeit und Freude – die Kraft höherer Schwingungen

Wenn wir mit Pferden unterwegs sind oder auf der Yogamatte ankommen, öffnen wir uns für feine Ebenen, die im Alltag oft untergehen. Es sind nicht nur die grossen Gesten, die zählen, sondern auch die unsichtbaren Schwingungen, die wir ausstrahlen – und die zurück zu uns finden. Liebe, Dankbarkeit und Freude gehören zu diesen höheren Schwingungen. Sie wirken wie ein Kompass, der uns sanft in Richtung Verbundenheit und Lebendigkeit ausrichtet.

Ich habe in all den Jahren mit Reiten und Yoga erlebt, wie entscheidend diese innere Haltung ist. Es sind nicht nur die perfekten Asanas oder der kraftvolle Ritt, sondern auch das Gefühl, das wir dabei kultivieren, das unsere Erfahrung prägt. Deshalb baue ich in fast jede Yogastunde auf unseren Retreats eine Dankbarkeitspraxis ein. Sie ist für mich wie ein stilles Ritual: innehalten, zurückschauen, danken. Für das Pferd, das uns trägt. Für die Natur, die uns umgibt. Für das eigene Herz, das schlägt.

Dankbarkeit ist wie eine Währung – ein Geben im Gegenzug für das, was wir empfangen haben. Sie macht sichtbar, dass nichts selbstverständlich ist. Und sie lädt ein, dass mehr von dem, was uns nährt, in unser Leben fliesst. Wer dankt, öffnet eine Tür.

Abraham Hicks beschreibt in seinen Büchern die „Emotional Guidance Scale“ – eine Art Leiter der Gefühle. Ganz oben stehen Freude, Liebe, Dankbarkeit, Freiheit. Unten Angst, Schuld, Verzweiflung. Der Gedanke dahinter: Je höher wir schwingen, desto leichter ziehen wir das an, was uns guttut.

Auch die Wissenschaft bestätigt vieles davon. Die Psychologin Barbara Fredrickson etwa zeigt in ihren Forschungen, dass positive Emotionen unseren Blick erweitern, Kreativität fördern und Resilienz aufbauen. Studien zu Dankbarkeit belegen, dass Menschen, die regelmässig Dankbarkeit praktizieren, besser schlafen, weniger Stress empfinden und sogar eine stärkere Immunabwehr haben. Freude und Dankbarkeit sind also kein Luxus, sondern Nahrung für Körper und Seele.

Und doch: Freude lässt sich nicht erzwingen. Sie kommt leise, wenn wir Raum schaffen. Auf dem Rücken der Pferde, im Rhythmus ihres Atems, wenn wir die Weite der Landschaft sehen. Auf der Matte, wenn wir uns erlauben, loszulassen. Dankbarkeit und Freude sind Schwestern – die eine öffnet die Tür, die andere tritt hindurch.

Vielleicht magst du einmal eine kleine Übung probieren: Setze dich nach dem Reiten oder nach einer Yogastunde still hin. Spüre deinen Körper. Denke an drei Dinge, für die du jetzt gerade dankbar bist – klein oder gross. Probiere nichts zu erzwingen, sondern schau, was vor deinem inneren Auge auftaucht. Das sind genau die Dinge, die im Moment wichtig sind. Sei dankbar dafür. Es kann etwas ganz Kleines sein, aber auch etwas sehr Grosses. Manchmal ist es etwas, das dich überrascht – oder von dem du im ersten Moment denkst, dass du gar nicht weisst, warum du dafür dankbar sein solltest. Übe dich trotzdem darin. Denn auch schwierige Erfahrungen oder Dinge, die wir noch nicht verstehen, können eine Bedeutung in unserem Leben haben. Dankbar dafür zu sein, heisst auch, sie anzunehmen und ihren Platz zu erkennen.

So erschaffen wir ein Feld, in dem Liebe, Dankbarkeit und Freude selbstverständlich werden. Nicht als ferne Idee, sondern als erlebte Wirklichkeit. Und genau dafür sind unsere Retreats da: um gemeinsam einzutauchen, Schwingung für Schwingung.

Literatur & Inspiration

Posted on September 6, 2025 .

Wenn Pferde unsere Gefühle spiegeln – über Authentizität und Vertrauen

Es gibt Gedanken, die uns wachhalten. Ein Satz im Kopf, eine Szene, die wir immer wieder durchspielen. Wir nennen es Sorge. Sie ist uns bewusst, wir können sie benennen. Doch hinter diesem Bewusstsein liegt eine zweite Schicht – die Angst, die nicht immer Worte findet. Sie sitzt tiefer, geformt durch alte Erfahrungen oder unausgesprochene Zweifel. Und manchmal steigt aus dieser Tiefe etwas nach oben, das wir nicht mehr nur denken, sondern unmittelbar spüren: Beklemmung. Ein Druck im Brustkorb, ein Kloß im Hals, ein schneller Atem.

So entfaltet sich ein Dreiklang: Sorge im Kopf, Angst im Unterbewusstsein, Beklemmung im Körper. Drei Ausdrucksformen derselben Wurzel.

Pferde als Spiegel der Inkongruenz

Wer mit Pferden Zeit verbringt, kennt diese Ebenen. Du kannst dir vornehmen, ruhig zu wirken – doch dein Körper verrät die innere Enge. Pferde reagieren darauf sofort. Sie spüren den Widerspruch zwischen den Worten „Alles gut“ und der Spannung in deiner Schulter. Linda Kohanov beschreibt in The Tao of Equus, dass Pferde besonders fein auf Inkongruenz reagieren: Wenn ein Mensch etwas anderes zeigt, als er wirklich fühlt, erzeugt das Misstrauen. Nur wenn wir mit unseren Gefühlen im Einklang sind – selbst wenn diese Gefühle Angst oder Unsicherheit sind – entsteht Authentizität, und das Pferd kann sich verbinden.

Doch wichtig ist auch: Nicht jedes Pferd kann diesen Raum halten. Ein entspanntes Pferd, das mit sich selbst im Reinen ist, wirkt regulierend. Seine Präsenz, sein gleichmässiger Rhythmus, die Ruhe in seiner Atmung helfen uns, selbst zur Ruhe zu kommen. Ein gestresstes Pferd hingegen überträgt seine Anspannung und verstärkt die Unruhe. So wie wir selbst authentisch sein müssen, um Verbindung zu schaffen, so brauchen auch Pferde Balance, damit sie zu Partnern in der Heilung werden können.

Gefühle zulassen statt unterdrücken

In unserer Kultur haben viele von uns gelernt, Gefühle zurückzuhalten. „Sei stark. Sei tough. Zeig dich kompetent.“ Verletzlichkeit wird oft mit Schwäche gleichgesetzt. Doch das, was wir verbergen wollen, verlässt uns nicht. Es bleibt als Spannung im Körper gespeichert, als Enge im Atem oder als Unruhe im Herzen.

Pferde entlarven diese Masken sofort. Sie suchen nicht das Bild nach aussen, sondern die Wahrheit im Inneren. Und sie reagieren entspannter, wenn wir unsere Gefühle wirklich zulassen, statt sie zu verstecken. Selbst Angst darf gezeigt werden – denn sobald sie bewusst wahrgenommen und zugelassen wird, kann sie sich wandeln. Das Weiche, Feminine, Empfangende, das in unserer Gesellschaft oft zu wenig Raum bekommt, ist in Wahrheit eine Kraft: Es macht möglich, dass Gefühle fliessen, dass sie sich transformieren, statt festzusetzen.

Yoga als Wegweiser

Auch auf der Yogamatte begegnet uns dieses Prinzip. Wir üben, in Kontakt mit dem zu bleiben, was gerade ist – nicht darüber hinwegzugehen, nicht die Zähne zusammenzubeissen, sondern zu spüren. Eine Haltung nicht mit Kraft zu „meistern“, sondern weich hineinzuatmen. Der Atem hilft, Kontrolle loszulassen. Er öffnet einen inneren Raum, in dem sich Emotionen bewegen dürfen.

So wird Yoga zu einer Schule der Präsenz: Gefühle nicht wegdrücken, sondern spüren. Den Körper nicht instrumentalisieren, sondern ihm zuhören. Was wir in dieser Praxis erfahren, verändert auch unser Sein im Alltag – und macht uns empfänglicher für Begegnung, ob mit Menschen oder Pferden.

Wissenschaftlicher Blick

Die moderne Stressforschung beschreibt genau diesen Mechanismus. Sorgen und Ängste aktivieren das sympathische Nervensystem – Flucht- oder Kampfbereitschaft. Der Körper schüttet Stresshormone aus, Herzschlag und Atem beschleunigen sich, Muskeln spannen an. Bleibt dieser Zustand bestehen, verwandelt er sich in chronische Anspannung, Schlafstörungen oder körperliche Beschwerden.

Yoga und bewusstes Atmen aktivieren hingegen den Parasympathikus – das Nervensystem, das für Regeneration und Ruhe zuständig ist. Pferde wirken ähnlich – wenn sie selbst in Ruhe sind. Ihre Präsenz, ihr gleichmässiger Rhythmus und ihr stilles Dasein holen uns aus der gedanklichen Spirale ins unmittelbare Spüren.

Einfache Übung für den Alltag

Du kannst diese drei Ebenen im Alltag selbst beobachten:

  1. Stell dir eine aktuelle Sorge vor. Nenne sie in einem Satz.

  2. Spüre tiefer. Welche Angst liegt darunter? Ist es die Angst, nicht genug zu sein? Etwas zu verlieren? Kontrolle zu verlieren?

  3. Lenke die Aufmerksamkeit in den Körper. Wo sitzt dieses Gefühl? Brust, Bauch, Kehle, Schultern?

Dann atme. Nicht um es wegzumachen, sondern um Raum zu schaffen. Lass den Atem sanft werden, gleichmässig. Und wenn du magst, sprich es aus. Es verändert den Moment, wenn du dich traust zu zeigen, was wirklich da ist.

Räume der Erfahrung

In unseren Retreats öffnen wir genau solche Räume. Dort geht es nicht um Theorie, sondern um Erleben. Wenn du auf dem Pferd sitzt, in der Weite der Landschaft, spürst du, was in dir ist. Wenn du danach auf der Yogamatte liegst, erfährst du, wie Atem und Körper dich wieder ins Gleichgewicht bringen. Es ist ein Weg, Sorgen nicht länger nur im Kopf zu drehen, sondern sie in Beziehung, Bewegung und Präsenz zu verwandeln.

Vielleicht liegt darin die tiefere Einladung: Angst und Beklemmung nicht als Gegner zu sehen, sondern als Botschafter. Sie zeigen uns, wo wir uns noch enger halten, als wir müssten. Mit Pferden, mit Yoga, mit bewusster Zeit für uns selbst lernen wir, dieser Botschaft zuzuhören, sie zuzulassen – und Schritt für Schritt freier zu werden.

Weiterführende Literatur & Impulse

Posted on August 31, 2025 .

Das Tool wird dich nicht retten – du musst Handwerkerin sein

Noch nie war Wissen so leicht zugänglich wie heute. Regale voller Bücher, Online-Kurse, Podcasts, Apps – wir können fast alles lernen, ohne das Haus zu verlassen. Doch so kostbar dieses Wissen ist: es bleibt Theorie, solange wir es nicht in die Tat umsetzen.

Ein Hammer baut kein Haus, wenn er in der Schublade liegt. Ein Pinsel malt kein Bild, solange er im Glas steht. Und auch das beste Tool verändert dein Leben nicht, wenn du es nicht in die Hand nimmst.

Gerade im Reiten und im Yoga zeigt sich dieser Unterschied deutlich. Du kannst unzählige Ratgeber lesen, du kannst jede Theorie über Sitz, Hilfengebung oder Atemtechniken kennen – doch reiten lernst du erst, wenn du dich in den Sattel setzt, dich auf das Pferd einlässt, spürst, wie sich Bewegung und Balance verändern. Yoga erschliesst sich dir nicht durch Bücher, sondern indem du dich selbst auf die Matte stellst, in die Asana gehst, atmest, nachspürst und deinem Körper erlaubst, Erfahrungen zu sammeln.

Es ist diese Verkörperung, die den Unterschied macht. Theorie schenkt Orientierung, aber Praxis macht sie lebendig. Nur im Tun wird aus Wissen Erfahrung, aus Kopfverständnis innere Klarheit. Die Forschung bestätigt das: Studien aus der Neuropsychologie zeigen, dass wir Inhalte tiefer verankern, wenn wir sie nicht nur kognitiv aufnehmen, sondern auch körperlich erleben. Lernen wird nachhaltiger, wenn Denken, Fühlen und Handeln zusammenkommen.

Und genau das ist der Grundgedanke unserer Retreats. Wir wollen Räume schaffen, in denen es nicht nur um Inspiration geht, sondern um Umsetzung. Um Handwerk im besten Sinn: du übst, du probierst aus, du erlebst. Auf dem Pferd, in der Yogapraxis, im Austausch mit anderen. Hier wird Achtsamkeit nicht nur erklärt, sondern erprobt. Hier spürst du, wie sich Atem und Bewegung verbinden, wie Ruhe im Kopf entsteht, wenn du die Hände in die Zügel legst, wie Vertrauen wächst, wenn du den eigenen Körper und das Pferd wahrnimmst.

Heute leben wir in einer digitalen Welt, die uns unendliche Informationsströme eröffnet. Aber das eigentliche Leben passiert nicht auf dem Bildschirm, sondern im Augenblick. Es passiert, wenn du deine Hände benutzt, deinen Körper bewegst, dich in eine Erfahrung hineinbegibst. Kein Tool, kein noch so kluges System wird dich retten. Es sind deine eigenen Schritte, die den Weg bereiten – manchmal unsicher, manchmal unvollkommen, aber immer echt.

Das wahre Werkzeug bist du selbst. Deine Hände, dein Atem, dein Wille, dein Mut, ins Leben zu greifen.

Posted on August 25, 2025 .

Mit der Bewegung fliessen – warum Twists den Galopp leichter machen

Hast du immer wieder das Gefühl, im Galopp festzuhalten oder aus dem Takt zu geraten? Vielleicht spürst du, dass dein Oberkörper unbeweglich bleibt, dein Becken blockiert oder dein Pferd unter dir unruhig wird. Oft liegt der Grund nicht beim Pferd, sondern darin, dass dein Körper die feinen Spiralbewegungen des Galopps nicht geschmeidig mitgehen kann.

Damit du verstehst, was hier passiert, schauen wir uns den Bewegungsablauf im Galopp genauer an.

Der Bewegungsablauf im Galopp – Schritt für Schritt

1. Einsprung mit dem inneren Hinterbein
Das innere Hinterbein tritt weit unter den Schwerpunkt. Gleichzeitig hebt sich der innere Vorderfuss, um Platz zu machen. Das Becken des Pferdes kippt leicht ein, die innere Schulter hebt sich, die äussere senkt sich. Im Rücken des Pferdes beginnt die Spiralbewegung um die Längsachse.
Für dich: Deine innere Beckenseite schwingt nach vorn-unten, die äussere dreht leicht zurück. Auch in deiner Wirbelsäule ist eine feine Rotation spürbar.

2. Einbeinstütze auf dem inneren Hinterbein
Für einen Moment trägt das innere Hinterbein fast allein das Gewicht. Dabei muss der Rücken des Pferdes sowohl Tragkraft als auch Rotation koordinieren.
Für dich: Dein Becken sollte elastisch bleiben, damit du die Spiralbewegung zulässt und nicht blockierst.

3. Abfussen und Vorgriff der Vorderbeine
Zuerst fusst das äussere Vorderbein auf, kurz darauf das innere. Dabei senkt sich die innere Schulter, die äussere hebt sich. Die Spiralbewegung setzt sich über die Brustwirbelsäule bis in den Schulterbereich fort.
Für dich: Dein Brustkorb nimmt diese Rotation sanft auf. Deine Schultern bleiben insgesamt aufgerichtet und gerade, sie folgen der Bewegung nur minimal.

4. Schwebephase
Alle vier Beine verlassen den Boden. Der Rücken streckt sich, die Rotation wird für einen Moment kleiner, fast gerade.
Für dich: Du bleibst aufgerichtet und in Balance, ohne dich festzuhalten.

Wie du die Bewegung im Sattel spürst

Über dein Becken kannst du erkennen, ob du im Links- oder Rechtsgalopp bist:

  • Im Linksgalopp schwingt deine linke Beckenseite sanft nach vorn-unten.

  • Im Rechtsgalopp ist es entsprechend die rechte Beckenseite.

Im Oberkörper spürst du eine feine Gegenrotation: Im Linksgalopp dreht sich dein Brustkorb leicht nach rechts, im Rechtsgalopp leicht nach links. Es sind nur wenige Grad – klein genug, um stabil zu bleiben, gross genug, um elastisch mitzuschwingen.

Häufige Schwierigkeiten

  • Zu starr: Wenn du dein Becken festhältst, blockierst du die Spiralbewegung. Dein Pferd reagiert mit Spannung oder Taktfehlern.

  • Zu viel Mitschwingen: Wenn du den Oberkörper überdrehst oder mit der Schulter nach vorne kippst, verlierst du Stabilität.

Das Ziel ist ein dosiertes Mitschwingen: Becken beweglich, Brustkorb elastisch, Schultern stabil in der Mitte.

Warum Yoga hilft

Twists – Drehhaltungen im Yoga – trainieren genau diese Balance: Beweglichkeit in Hüften und Wirbelsäule, Aufrichtung im Oberkörper und Weite im Brustkorb. Sie lehren dich, feine Rotationen bewusst zuzulassen, ohne dich zu verlieren.

Fünf hilfreiche Twists aus dem Yoga

  1. Halber Drehsitz (Ardha Matsyendrasana)
    Setze dich mit ausgestreckten Beinen hin. Stelle den rechten Fuss aussen neben dein linkes Knie. Der linke Ellbogen kommt an die Aussenseite des rechten Knies, die Hand vor die Brust. Richte die Wirbelsäule lang auf und drehe den Oberkörper nach rechts. Wiederhole später zur anderen Seite.

  2. Gedrehte Kindhaltung (Parivrtta Balasana)
    Aus der Kindhaltung streckst du den rechten Arm unter dem Körper nach links durch, bis Schulter und Schläfe den Boden berühren. Der linke Arm kann nach vorne ausgestreckt bleiben. Spüre die Drehung in Rücken und Schultern. Wiederhole zur anderen Seite.

  3. Gedrehte Rückenlage (Jathara Parivartanasana)
    Lege dich auf den Rücken, ziehe beide Knie zur Brust und lasse sie nach rechts sinken. Die Arme liegen ausgestreckt, der Kopf dreht nach links. Halte die Schultern am Boden. Nach einigen Atemzügen wechsle die Seite.

  4. Gedrehter Stuhl (Parivrtta Utkatasana)
    Gehe in eine tiefe Kniebeuge. Bringe den rechten Ellbogen an die Aussenseite deines linken Knies, die Hände vor der Brust. Richte die Wirbelsäule lang auf, während du dich nach links drehst. Achte darauf, dass beide Knie gleich weit nach vorn zeigen. Dann zur anderen Seite.

  5. Gedrehter Ausfallschritt (Parivrtta Anjaneyasana)
    Gehe in einen tiefen Ausfallschritt mit dem rechten Bein vorn. Setze die linke Hand aussen neben den rechten Fuss, der rechte Arm streckt sich nach oben. Drehe den Oberkörper nach rechts, die Hüften bleiben parallel nach vorne ausgerichtet. Dann die Seite wechseln.

Galopp ist keine gleichförmige Bewegung, sondern eine feine Spirale, die Pferd und Reiterin gemeinsam tragen. Dein Körper braucht Elastizität im Becken, Beweglichkeit in der Wirbelsäule und zugleich Stabilität im Oberkörper. Die fünf vorgestellten Twists im Yoga sind eine direkte Vorbereitung darauf: Sie lehren dich, die Drehung bewusst aufzunehmen, dabei aufrecht zu bleiben und in der Bewegung weich mitzuschwingen. So entsteht Leichtigkeit – und Galoppieren wird zu einem harmonischen Fluss.

Posted on August 17, 2025 .

Stark und geschmeidig – Yoga als Geheimwaffe für Reiterinnen

In diesem Blogpost zeige ich dir 8 ausgewählte Yogaübungen, die sich für Reiterinnen eignen und sich ideal direkt im Stall umsetzen lassen. Du brauchst keine Hilfsmittel und musst dich nicht auf den Boden setzen – alles findet im Stehen statt, zwischen Sattelkammer und Weide, in Reithose oder Stallstiefeln. Die kleine Sequenz dauert nur etwa 10 Minuten, kann aber auch in einer kompakten 5-Minuten-Variante ausgeführt werden. Dabei werden alle grossen Gelenke bewegt, insbesondere Hüfte und Schultern, und du aktivierst genau die Muskelgruppen, die dich im Sattel unterstützen. Du kräftigst den Körper, dehnst gezielt beanspruchte Bereiche, schulst Koordination und Balance – und bereitest dich so optimal auf einen harmonischen, ausbalancierten Ritt vor.

Tadasana – Berghaltung

Füsse hüftbreit aufstellen, Gewicht gleichmässig auf beide Füsse verteilen. Zehen sanft spreizen, Knie gelöst, Steissbein sanft nach unten ziehen, Schambein leicht nach oben kippen. Wirbelsäule aufrichten, Schultern nach hinten unten rollen, Brust geöffnet, Scheitel strebt nach oben. Arme locker neben dem Körper, Handflächen leicht geöffnet. Im Reiten hilft dir diese Haltung, deine Grundachse zu finden – so wie ein ruhiger, ausbalancierter Sitz im Sattel. Kräftigt M. quadriceps femoris (vierköpfiger Oberschenkelmuskel) und M. erector spinae (Rückenstrecker). Dehnt sanft die Fussmuskulatur und fördert die Wahrnehmung der Körperachse. Halten: 30 Sekunden.

Stuhlposition mit Armkreisen (Utkatasana-Variation)

Füsse hüftbreit, Knie beugen, als würdest du dich auf einen Stuhl setzen. Gewicht gleichmässig auf den ganzen Fuss verteilen. Oberkörper leicht nach vorne neigen, ohne ins Hohlkreuz zu fallen, Steissbein nach unten, Schambein hoch. Arme in Verlängerung des Oberkörpers nach vorne oben strecken und in grossen Kreisen rückwärts und vorwärts bewegen. Brust geöffnet lassen. Fördert einen stabilen, elastischen Sitz mit aktiven Beinen und freiem Oberkörper. Kräftigt M. quadriceps femoris (vierköpfiger Oberschenkelmuskel), M. gluteus maximus (grosser Gesässmuskel) und M. deltoideus (Deltamuskel). Dehnt sanft die Schultermuskulatur und öffnet den Brustbereich. Halten: 5–6 Atemzüge, Kreise in beide Richtungen.

Adlerarme im Stand (Garudasana-Arme)

Arme vor der Brust kreuzen, Ellbogen übereinander, Unterarme umeinander winden, Handflächen zueinander. Ellbogen leicht anheben, Schultern bewusst nach unten sinken lassen, Brust geöffnet für freien Atem. Löst Spannung in Schultern und Händen. Kräftigt M. rhomboideus (Rautenmuskel) und M. trapezius pars transversa (mittlerer Teil des Trapezmuskels). Dehnt M. deltoideus posterior (hinterer Deltamuskel) und M. latissimus dorsi (breiter Rückenmuskel). Halten: 5 Atemzüge pro Seite, dann Seite wechseln.

Krieger II (Virabhadrasana II)

Weite Grätsche, hinteren Fuss leicht nach innen drehen, vorderen Fuss nach vorne ausgerichtet. Vorderes Knie beugen, bis es über dem Sprunggelenk steht. Steissbein nach unten, Schambein hoch, Becken neutral ausrichten. Die Aussenkante des hinteren Fusses gut in den Boden drücken. Arme nach vorne und hinten auf Schulterhöhe ausstrecken, Brust geöffnet, Blick über die vordere Hand. Fördert Stabilität im Unterkörper und Offenheit im Oberkörper, sodass Hilfen klarer gegeben werden können. Kräftigt M. quadriceps femoris (vierköpfiger Oberschenkelmuskel), M. gluteus medius (mittlerer Gesässmuskel) und M. deltoideus (Deltamuskel). Dehnt M. adductor longus (langer Adduktor) und M. adductor magnus (grosser Adduktor). Halten: 5–6 Atemzüge pro Seite, dann Seite wechseln.

Krieger III (Virabhadrasana III)

Aus dem Stand das Gewicht nach vorne verlagern, hinteres Bein anheben, Oberkörper nach vorne neigen, bis er parallel zum Boden ist. Becken parallel zum Boden halten, die Zehen des hinteren Fusses zum Boden drehen. Arme in Verlängerung des Oberkörpers nach vorne strecken. Brust geöffnet lassen. Fördert Balance und Unabhängigkeit der Hilfen im Sattel. Kräftigt M. gluteus maximus (grosser Gesässmuskel), M. hamstrings (ischiocrurale Muskulatur) und M. erector spinae (Rückenstrecker). Dehnt M. gastrocnemius (Zwillingswadenmuskel) und M. soleus (Schollenmuskel). Halten: 5 Atemzüge pro Seite, dann Seite wechseln.

Dynamischer Ausfallschritt mit Rotation (Lunge Twist)

In einen hohen Ausfallschritt treten – vorderes Knie über dem Sprunggelenk, hinteres Bein gestreckt, Ferse angehoben. Hände in Gebetshaltung vor der Brust. Oberkörper zur Seite des vorderen gebeugten Beins drehen, den gegenüberliegenden Ellbogen (z. B. rechter Ellbogen bei linkem Bein vorne) an die Aussenseite des gebeugten Knies bringen. Blick – wenn möglich – nach oben. Verbessert Beweglichkeit in Wirbelsäule und Hüfte und schult die Verbindung zwischen Ober- und Unterkörper. Kräftigt M. quadriceps femoris (vierköpfiger Oberschenkelmuskel), M. gluteus maximus (grosser Gesässmuskel) und M. erector spinae (Rückenstrecker). Dehnt M. iliopsoas (Hüftbeuger) und M. obliquus externus abdominis (äusserer schräger Bauchmuskel). Halten: 3–5 Atemzüge pro Seite, dann Seite wechseln.

Seitliche Ausfallschritt-Dehnung (stehende Skandasana-Variante)

Weite Grätsche, Gewicht auf ein Bein verlagern, Knie beugen, anderes Bein gestreckt lassen. Oberkörper aufrecht, Hände locker auf Oberschenkeln. Langsam zur anderen Seite wechseln. Öffnet Hüften und lockert Beinmuskulatur – so sitzt du lockerer und mitschwingender. Kräftigt M. quadriceps femoris (vierköpfiger Oberschenkelmuskel) und M. gluteus maximus (grosser Gesässmuskel). Dehnt M. adductor longus (langer Adduktor) und M. gracilis (schlanker Muskel). Halten: 3 Atemzüge pro Seite, dann Seite wechseln.

Baumposition (Vrikshasana)

Gewicht auf ein Bein verlagern, Standbein quadrizepsbewusst aktivieren. Steissbein nach unten, Schambein leicht hoch, Becken gerade halten. Anderen Fuss an die Innenseite von Wade oder Oberschenkel legen (nicht ans Knie). Hände vor der Brust oder Arme seitlich öffnen. Schult Gleichgewicht, Körpersymmetrie und zentriertes Becken. Kräftigt M. quadriceps femoris (vierköpfiger Oberschenkelmuskel), M. gluteus medius (mittlerer Gesässmuskel) und M. tibialis anterior (vorderer Schienbeinmuskel). Dehnt M. adductor longus (langer Adduktor) und M. adductor magnus (grosser Adduktor). Halten: 5 Atemzüge pro Seite, dann Seite wechseln.

Tadasana – Berghaltung

Kehre zurück in die Berghaltung. Die Füsse stehen hüftbreit. Das Gewicht ist gleichmässig verteilt. Die Knie sind locker. Die Arme hängen locker neben dem Körper. Die Handflächen sind nach vorne geöffnet. Die Schultern sind entspannt. Die Wirbelsäule ist lang. Halte diese Position für fünf Atemzüge.

Dein 10-Minuten-Flow

  1. Tadasana – 30 Sek.

  2. Stuhlpose mit Armkreisen – 5 Kreise vorwärts/rückwärts

  3. Adlerarme – 5 Atemzüge pro Seite

  4. Krieger II – 5 Atemzüge pro Seite

  5. Krieger III – 5 Atemzüge pro Seite

  6. Dynamischer Ausfallschritt mit Rotation – 3 Wiederholungen pro Seite

  7. Seitliche Ausfallschritt-Dehnung – 3 Atemzüge pro Seite

  8. Baumposition – 5 Atemzüge pro Seite

  9. Tadasana – 3 tiefe Atemzüge

Posted on August 11, 2025 .

Narben, Licht und Lebensfreude – was mein Pferd mich über Verletzlichkeit lehrt

von Pia

Mit dem Sommerfell sieht mein Pferd Lince immer besonders schön aus. Im warmen Sonnenlicht glänzt sein schwarzes Fell gesund und kräftig. Muskeln spielen unter der Haut, die Augen leuchten. Und doch sehe ich sie – diese Narbe. Gross und unübersehbar, wie ein Loch entstellt sie seinen Bauch. Ein stummer Zeuge dessen, was wir zusammen durchgemacht haben.

Jedes Mal, wenn ich sie sehe, zieht sich mein Herz kurz zusammen. Ich bin sofort wieder dort – in dieser Zeit, als sein Leben am seidenen Faden hing. Mehrere Wochen Tierklinik. Bangen. Hoffen. Zweifel. Nur noch Haut und Knochen war Lince damals. Doch er hat gekämpft – mit einer Kraft, die ich nie vergessen werde. Die ganze Geschichte kann ich ein andermal erzählen, es war eine schwere Zeit und am Ende ein kleines Wunder: Er lebt!

Heute galoppiert er gesund mit Lebensfreude über die Weide. Und obwohl diese Narbe so sichtbar ist, zeigt sie mir nicht nur Schmerz, sondern auch Stärke. Sie erzählt von Überlebenswille, Liebe, Vertrauen – und von einer Transformation, die ich erst viel später verstehen konnte.

„Die Wunde ist der Ort, an dem das Licht in dich eindringt.“
– Rumi

Damals, inmitten der Angst, ist mir dieser Satz begegnet, aber statt Trost darin zu finden, habe ich ihn gehasst. Ich wollte nichts mit Licht und Wachstum zu tun haben – ich wollte einfach nur, dass mein Pferd gesund wird. Dass alles wieder "normal" wird.

Heute spüre ich, dass Rumi recht hatte. Durch diesen Schmerz ist etwas in mir aufgegangen. Ich bin weicher geworden, ehrlicher. Mit dieser erlebten Verletzlichkeit und dem durchlebten Schmerz wurde ich echter. Es kommt mir vor, als wäre mein Horizont dadurch ein bisschen weiter geworden und ich habe heute viel mehr Verständnis und Mitgefühl, wo ich vorher unbewusst wegschaute oder belächelte. Und ich erkenne besser: Jeder trägt sein Päckchen. Seine Unsicherheit, seinen Schmerz und seine Ängste.

Der Prozess des Heilens kann sich anfühlen, wie inneres Sterben. Nicht im dramatischen Sinn – sondern ganz leise. Etwas in dir zerbricht. Gewohnte Muster, falsche Sicherheiten, alte Geschichten, Identifikationen, die sich auflösen. Bevor Frieden kommt, herrscht oft Unruhe. Bevor du wieder ganz bei dir ankommst, fühlst du dich verloren.

Heilung ist nichts Sanftes oder Schönes in dem Moment selbst.
Es ist das Aushalten der Tiefe, das Bleiben im Schmerz, ohne eine Lösung zu haben, aber auch ein Loslassen und Vertrauen. Heilung heißt nicht, dass es sofort besser wird. Aber es heisst, nicht aufzugeben.

Narben – ob sichtbar oder nicht – tragen wir alle. Sie erzählen Geschichten. Manche werden nie ganz verheilen. Und doch leuchten wir manchmal gerade wegen ihnen. Sie geben uns eine Tiefe und machen uns menschlich. Ich würde sogar behaupten, dass ich mit Menschen, die selber Schmerz und Verletzung durchlebt haben, oft eine tiefere Verbundenheit fühle.

Dann kam diese Zeit, in der ich in ständiger Angst lebte. Am liebsten hätte ich mein Pferd in Watte gepackt, um es vor allem zu schützen. Jeder, dem ich von Lince erzählte, bekam auch gleich seine ganze Geschichte zu hören – inklusive der tragischen Wendung und dem Happy End. Die Verletzung war allgegenwärtig. Sie war mein Erklärungsversuch für Rückschritte, Unsicherheiten, ja manchmal sogar für meine eigenen Ängste. Ich reduzierte mein Pferd auf diese Krankheitsgeschichte – gab ihr zu viel Raum, zu viel Energie. Heute weiss ich: Auch das war ein Teil des Heilungsprozesses. Heilung verläuft nicht linear – sie ist kein klarer Schnitt zwischen „verletzt“ und „gesund“. Ich musste erst lernen, die Verletzung nicht als Identität zu begreifen, sondern als Teil einer Geschichte, die weitergeht. Es war eine bewusste Entscheidung Lince nicht länger als verletzliches, schwaches Wesen zu sehen, sondern als das kraftvolle, lebendige Pferd, das er trotz – oder vielleicht gerade wegen – dieser Erfahrung ist. Ja, er hat Einschränkungen, ja, es gibt Momente, in denen wir besonders achtsam sein müssen. Aber das ist nicht alles, was ihn ausmacht. Ich habe gelernt, Schmerz und Schwäche ernst zu nehmen – ihnen den Raum zu geben, den sie verdienen. Aber auch, sie auf ihren Platz zu verweisen. Denn sie sind nur ein Teil – nicht das Ganze. Und ich habe gelernt, dass es viel Zeit und Vertrauen braucht. Heilung kann man nicht erzwingen und auch nicht beschleunigen, aber sie kommt.

Wenn ich heute meinem Pferd beim Herumtollen zusehe, erfüllt mich tiefe Dankbarkeit. Seine Narbe wird nie verschwinden. Aber sie erinnert mich daran, dass das Leben nicht perfekt sein muss, um schön zu sein. Dass wir wachsen dürfen – gerade an den Bruchstellen. Ich durfte erkennen, dass Schmerz und Tiefen untrennbar zum Leben gehören – und uns oft erst vollständig machen. Dass alles im Wandel ist, und manches Glück sich erst im Rückblick als solches zeigt. Selbst Narben können Geschenke sein – wenn wir bereit sind, sie als solche anzunehmen. Letztlich liegt es an uns, ob wir uns von ihnen verhärten und ängstigen lassen, oder ob wir den Weg wählen, der uns weich macht, dankbar und mutig zugleich.

Posted on August 2, 2025 .

Eine Meditation für volle Köpfe und volle Tage

3 Punkte – ein Moment der Stille

Eine Meditation für mehr Ruhe, Fokus und Verbindung

In einer Welt, in der Gedanken ständig kreisen, To-do-Listen länger werden und der Alltag selten innehält, kann schon ein einziger stiller Moment heilsam sein. Besonders für jene von uns, die viel denken, viel fühlen – und manchmal das Gefühl haben, dabei sich selbst zu verlieren.

Meditation gilt oft als grosse Kunst. Als etwas, das nur in völliger Ruhe gelingt, fernab vom Trubel, vielleicht sogar im Schneidersitz auf einem Kissen. Doch Präsenz beginnt nicht im perfekten Setting – sondern im Körper. Denn der Körper ist das Einzige, was wirklich präsent ist. Er denkt nicht über gestern nach, er plant kein Morgen. Er ist einfach da – atmend, hörend, spürend.

Die 3-Punkte-Meditation basiert genau auf dieser einfachen Erkenntnis: Dass der Weg zur geistigen Ruhe nicht über das Denken führt, sondern über das Fühlen. Über den Körper, den Atem, das Hören – über das, was immer da ist, wenn wir den Geist einen Moment lang nicht mitnehmen.

Warum gerade diese Meditation wirkt

Diese kurze Meditation richtet sich an alle, die sich schwer konzentrieren können, deren Geist oft abschweift, die Mühe haben, sich in der Fülle der Gedanken zu zentrieren. Denn genau dafür ist sie gemacht: Statt gegen die Unruhe zu kämpfen, wird der Geist sanft beschäftigt. Durch die gleichzeitige Ausrichtung auf drei Wahrnehmungspunkte – einen fixierten Blickpunkt, ein feines Körpergefühl und das bewusste Hören – bekommt der Geist nicht mehr genug Raum, sich in Gedanken zu verlieren. Er wird eingeladen, zu verweilen. Nicht in einer Vorstellung, sondern in dem, was wirklich da ist.

Das klingt einfach – und ist es auch. Und gerade deshalb so kraftvoll.

Was sagt die Forschung?

Zahlreiche wissenschaftliche Studien bestätigen heute, was in vielen spirituellen Traditionen seit Jahrhunderten gelehrt wird: Meditation verändert unser Gehirn, unseren Körper und unser Erleben.

Bereits wenige Minuten am Tag können:

  • die Aktivität der Amygdala, dem Zentrum für Angst und Stress, reduzieren

  • den präfrontalen Kortex stärken, der für Konzentration und Selbstregulation zuständig ist

  • die Ausschüttung von Stresshormonen senken

  • den Parasympathikus aktivieren – jenes Nervensystem, das für Regeneration, Heilung und Ruhe verantwortlich ist

  • das Immunsystem stärken

  • den Schlaf verbessern

  • emotionale Reaktivität senken und das Mitgefühl erhöhen

Vor allem sogenannte Achtsamkeitsmeditationen, bei denen der Fokus auf den gegenwärtigen Moment gelegt wird, zeigen deutliche Effekte – selbst bei kurzen, regelmässigen Übungen.

Präsenz ist trainierbar

Unser Geist ist wie ein Muskel: Was wir oft denken, fühlen oder glauben, wird zur Gewohnheit. Wer ständig abgelenkt ist, trainiert genau das. Wer beginnt, immer wieder in die Stille zurückzukehren – trainiert Präsenz. Es braucht keine stundenlange Praxis. Drei bis fünf Minuten reichen, um das Nervensystem umzuschalten. Wichtig ist die Regelmässigkeit. Die Entscheidung, sich jeden Tag einmal ganz sich selbst zuzuwenden.

Und genau hier setzt diese Meditation an: Sie ist einfach, unaufdringlich und überall durchführbar – ob am Morgen, beim Pferd, auf dem Sofa oder in einem vollen Tag. Sie braucht nichts ausser dir selbst – deinem Körper, deinem Blick, deinem Hören.

Was du gewinnst

Wer regelmässig meditiert – und sei es nur für wenige Minuten am Tag – erfährt oft:

  • mehr innere Ruhe

  • grössere Konzentrationsfähigkeit

  • ein tieferes Körperbewusstsein

  • eine klarere Verbindung zu sich selbst

  • ein besseres Gespür für Bedürfnisse und Grenzen

  • mehr Mitgefühl – mit sich selbst und anderen

  • mehr Resilienz im Alltag

Besonders im Zusammenspiel mit Pferden wirkt diese Praxis oft wie ein Verstärker. Denn Pferde spiegeln unsere innere Präsenz – sie reagieren auf Stille, auf Echtheit, auf das, was in uns wirklich da ist. Je stiller wir werden, desto klarer wird oft auch die Verbindung.

Einladung zur Praxis

Wenn du magst, probiere es aus. Nimm dir fünf Minuten. Setze dich. Wähle einen Punkt im Raum. Richte deinen Blick. Spüre deinen Körper. Höre. Und bleib.

Du musst nichts verändern. Nur da sein.

Denn manchmal beginnt Veränderung genau hier: In einem Moment der Stille.

P.S.: Wenn du die 3-Punkte-Meditation selbst ausprobieren möchtest – du kannst dir die genaue Anleitung kostenlos herunterladen. Ein paar Minuten können viel verändern.

zur meditation
Posted on July 28, 2025 .

Zwischen Klarheit und Kaffee – Gedanken über Morgenroutinen

Morgenroutinen sind in aller Munde. Ob in Podcasts, auf Instagram oder in unzähligen Selbsthilfebüchern – der Start in den Tag ist zum heiligen Ritual erhoben worden. Da wird meditiert, gejournalt, kalt geduscht, geatmet, manifestiert, gedehnt, gelobt und geschmiedet. Auch Abendroutinen stehen hoch im Kurs, um zur Ruhe zu finden, die Erlebnisse des Tages zu verarbeiten oder das Nervensystem zu regulieren.

Ich selbst bin ein grosser Fan solcher Rituale. Sie helfen mir, den Tag bewusst zu beginnen – nicht einfach hineinzustolpern, sondern mit einer inneren Ausrichtung, mit dem Gefühl, nicht nur äusserlich, sondern auch in mir selbst angekommen zu sein. Es hat ja seinen Grund, warum wir sagen, jemand sei „mit dem falschen Fuss aufgestanden“. Wir spüren intuitiv, dass der Morgen die Richtung vorgibt – für unseren Körper, unseren Geist, unsere Stimmung.

Eine gut abgestimmte Morgenroutine ist wie ein Ton, der den ganzen Tag mitschwingt. Sie kann helfen, den eigenen Rhythmus zu finden, sich zu sammeln, die Energie auszurichten. Und sie kann ein Anker sein – besonders in Zeiten, in denen das Leben unübersichtlich wird.

Doch ich habe in letzter Zeit auch einen kritischen Blick auf meine Routinen geworfen. Ausgelöst wurde das durch einen Beitrag von Sina Port, in dem sie sich sehr ehrlich über den heutigen Morgenroutine-Hype geäussert hat. Ihre Worte haben mich zum Nachdenken gebracht – denn ich erkannte mich darin wieder.

Sina schrieb sinngemäss, dass eine Morgenroutine nicht zur dreistündigen Beschäftigungstherapie werden sollte, die uns dann davon abhält, wirklich ins Tun zu kommen. Und genau das kenne ich auch. Ich liebe meine ruhigen, langsamen Morgende, das erste Licht, der Duft von Kaffee, die Stille. Ich habe mir angewöhnt, erst einmal zu frühstücken, dann zurück ins Bett zu gehen, noch ein wenig zu lesen oder meinen Tag zu planen, ganz ohne Eile, mit etwas, das ich gern tue.

Das klingt herrlich – und ist es auch. Aber manchmal – besonders an Tagen, an denen viel ansteht – merke ich, wie diese Routine sich fast unmerklich ausdehnt. Wie ich damit beginne, den Rest des Tages zu verschieben, und mir gegen Abend hin die Zeit davonläuft. Die Morgenroutine wird dann nicht zum Sprungbrett, sondern zur Ausrede, mich noch nicht mit dem Konkreten, mit dem Machen, mit dem Unangenehmen zu befassen.

Und das ist die Kehrseite all dieser schönen Rituale: Sie können – wenn wir nicht achtsam damit umgehen – zur Vermeidung werden. Zur eleganten Form der Prokrastination. Deshalb habe ich für mich einen Weg gefunden, der mir Struktur schenkt, ohne mir die Freiheit zu nehmen. Ich arbeite mit wiederkehrenden Zeitblöcken in meinem Kalender. Darin ist nicht nur meine Morgenroutine verankert, sondern auch alle anderen Aufgaben des Tages. So sehe ich auf einen Blick: Habe ich wirklich Zeit für ein ausgedehntes Ritual – oder verträgt dieser Tag eher eine kurze, fokussierte Version?

Das schenkt mir Klarheit. Und – ganz wichtig – ein besseres Gefühl am Abend, weil ich merke: Ich bin nicht gestresst, ich bin einfach ehrlich mit mir selbst umgegangen. Denn Struktur ist für mich kein Korsett. Sie ist ein Rahmen, in dem ich mich freier bewegen kann. Ein Kompass, der mich durch den Tag führt – nicht als starres System, sondern als Einladung, meine Zeit bewusst zu gestalten.

Deshalb würde ich dir empfehlen: Wenn du eine Morgenroutine hast – oder mit dem Gedanken spielst, eine zu etablieren –, frag dich nicht nur, was du tun möchtest, sondern auch wann und wie lange. Wieviel Raum gibst du dir? Und was brauchst du wirklich?

Vielleicht reicht es an manchen Tagen, einfach in Stille deinen Kaffee zu trinken. Vielleicht möchtest du an anderen Tagen schreiben, atmen, lesen, dich bewegen. Wichtig ist nur, dass du die Zügel in der Hand behältst – nicht aus Zwang, sondern aus Liebe zu dir selbst.

Wie ist das bei dir? Hast du eine Morgenroutine – oder wünschst du dir eine? Und kennst du vielleicht auch diese Momente, in denen sie mehr Ablenkung als Ausrichtung ist?

Ich freue mich, wenn du deine Gedanken mit mir teilst.

Posted on July 21, 2025 .

Darf ich mein Pferd verkaufen?

Darf ich mein Pferd verkaufen?

Es ist ein Satz, der sich leise ins Herz schleicht. Darf ich mein Pferd verkaufen? Allein das Aussprechen dieser Frage fühlt sich für viele an wie ein Verrat. Und doch ist sie manchmal da – zart, zaghaft, vielleicht nach einem schwierigen Winter, einem verletzenden Sturz, einer Phase voller Zweifel oder schlicht einem veränderten Leben.

Ich habe diese Frage vor einiger Zeit für mich selbst gestellt. Und sie hat mir viel gezeigt – über Verantwortung, über Bindung, über das, was wir unseren Pferden wirklich schuldig sind.

Denn dazwischen liegt so viel. Zwischen jenen, die ihr Pferd um alles in der Welt behalten wollen – weil man das eben so macht, bis zum letzten Atemzug – und jenen, die ein Pferd tauschen wie eine Handtasche, wenn es nicht mehr in die eigenen Pläne passt.

Was fehlt, ist Raum für Zwischentöne.

Ich glaube, wir brauchen mehr Ehrlichkeit in diesem Thema. Mehr Verständnis. Mehr Tiefe. Denn die Entscheidung, ein Pferd abzugeben, ist nie leicht – und doch nicht immer falsch. Was heißt es wirklich, Verantwortung zu übernehmen? Unsere Pferde leben in unserer Welt. Sie sind auf uns angewiesen – auf unser Gespür, unsere Fürsorge, unsere Klarheit. Verantwortung heisst nicht, um jeden Preis zu behalten. Verantwortung heisst, hinzuschauen. Und manchmal auch loszulassen.

Es kann bedeuten, dass du nicht (mehr) die richtige Person für dein Pferd bist. Weil du andere Vorstellungen hast. Weil dein Leben sich verändert hat. Oder weil du merkst, dass dein Pferd in einer anderen Konstellation mehr aufblühen könnte. Und ja – es kann auch bedeuten, dass du dein Pferd mit offenem Herzen weitergibst. Nicht, weil du es weniger liebst. Sondern gerade weil du es liebst.

Die Frage nach dem „guten Platz“

Viele Pferdemenschen tragen diesen Begriff wie ein Versprechen in sich: der gute Platz. Ein Ort, an dem dein Pferd gesehen wird. Geachtet. Gefördert. Und verstanden. Diesen Platz zu suchen – mit Geduld, mit Sorgfalt und mit einem wachen Blick – ist Teil deiner Verantwortung. Es geht nicht darum, loszuwerden. Es geht darum, zu vertrauen: dass es auch andere Menschen gibt, die ein gutes Gegenüber für dein Pferd sein können.

Vielleicht warst du früher täglich im Stall – heute fehlt dir die Zeit, die Kraft, die Ruhe. Vielleicht hattest du einen sportlichen Plan – und dein Pferd zeigt dir, dass es einen anderen Weg gehen will. Vielleicht bist du einfach an einem anderen Punkt in deinem Leben. Und vielleicht passt ihr gerade nicht mehr zusammen. Das ist kein Scheitern. Es ist ehrlich.

Was du vermeiden solltest, ist vorschnell aufzugeben. Es lohnt sich oft, genauer hinzuschauen: Gibt es ein Missverständnis zwischen euch? Braucht dein Pferd eine Pause – oder du selbst? Wäre es hilfreich, dir Unterstützung zu holen?

Aber wenn du über längere Zeit spürst, dass etwas nicht stimmt, dass du nicht mehr gern in den Stall gehst, dass du dauernd zweifelst oder dich überfordert fühlst – dann darfst du diese Frage stellen.

Darf ich mein Pferd verkaufen?

Du darfst.

Wenn du es mit Bedacht tust. Mit Herz. Mit Respekt. Und mit dem Wunsch, dass es euch beiden besser geht.

Ich teile diese Gedanken, weil ich mir wünsche, dass wir offener sprechen – über das, was schwer ist, aber wahr. Vielleicht hilft dir dieser Text, falls du selbst einmal an diesem Punkt stehst. Und vielleicht erinnerst du dich dann: Es geht nicht um richtig oder falsch. Es geht um Fürsorge. Und um Mut.

Und wenn du dich tatsächlich für diesen Schritt entscheidest – oder jemanden kennst, der gerade dort steht – dann bist du nicht allein.

Bei Reiten & Yoga bieten wir die Möglichkeit, dein Pferd über unsere Plattform vorzustellen. Wir helfen dir dabei, einen ehrlichen, liebevollen Text zu formulieren, der dein Pferd so zeigt, wie es wirklich ist – mit all seinen Stärken, Eigenheiten und Bedürfnissen. Die Menschen in unserer Community sind auf das Wohl der Pferde bedacht. Du wirst nicht auf Händler oder beliebige Anfragen treffen, sondern auf Menschen, die bewusst suchen – einen Partner oder eine Partnerin für ihr Leben. Einen Platz, der wirklich passt.

Den Link zur Inseratsseite findest du hier:

👉🏽 https://www.reitenundyoga.ch/formular-verkaufspferd

Wie siehst du das Thema? Ich freue mich, wenn du deine Gedanken teilst.

Posted on July 14, 2025 .

Kleine Nadeln, grosse Wirkung

Wie die Pranamat uns hilft, wieder bei uns selbst anzukommen – im Körper, im Alltag, im Jetzt.

Es braucht manchmal nicht viel, um uns wieder in Verbindung zu bringen mit dem, was inmitten des Tages verloren geht – ein stiller Moment auf dem Boden, der Rücken gebettet auf einer Wiese aus Lotusblüten, jede einzelne fein geformt und doch kraftvoll, und plötzlich beginnt der Atem sich zu vertiefen, ein leises Kribbeln breitet sich aus, die Muskeln lassen los, und etwas in uns erinnert sich daran, wie es sich anfühlt, wirklich da zu sein.

Die Pranamat ist eine Akupressurmatte, die auf einem jahrtausendealten Prinzip beruht – der gezielten Stimulation von Haut- und Nervenpunkten, wie man es auch aus der Traditionellen Chinesischen Medizin oder der ayurvedischen Marmatherapie kennt. Doch was einst in fernöstlichen Heiltraditionen mit Holzstäbchen, Steinen oder Nadeln geschah, wird heute in einer modernen, nachhaltigen Form neu interpretiert – mit mehr als 5’000 kleinen Spitzen aus HIPS-Kunststoff in Lotusform, die den Körper sanft, aber intensiv stimulieren.

Hergestellt wird die Matte in Lettland, in liebevoller Handarbeit und unter ethisch einwandfreien Bedingungen. Die Materialien sind biologisch und geprüft – Leinen, Kokosfaser, Baumwolle, der Kunststoff frei von Schadstoffen und recyclebar. Es ist ein Produkt, das mit Sorgfalt gemacht ist – spürbar, sobald man sich das erste Mal darauflegt.

Was geschieht, wenn man auf der Matte liegt, ist auf den ersten Blick unscheinbar und doch tiefgreifend. Die feinen Spitzen üben einen Druck auf die Haut aus, der eine Vielzahl von Reaktionen im Körper auslöst: Es wird mehr Durchblutung angeregt, Verspannungen lösen sich, Endorphine – körpereigene Glückshormone – werden freigesetzt, das parasympathische Nervensystem wird aktiviert, und damit auch jener Teil von uns, der für Regeneration, Entspannung und innere Heilung zuständig ist. Studien zeigen positive Effekte bei chronischen Rückenschmerzen, Schlafstörungen und Stresssymptomen – die Wirkung ist keine Einbildung, sondern physiologisch messbar.

Ich nutze die Pranamat seit Monaten – morgens, um wach zu werden und den Körper sanft zu aktivieren, abends, um nach einem langen Tag innerlich zur Ruhe zu kommen. Besonders nach dem Reiten – wenn meine Rückenmuskulatur intensiv gearbeitet hat, der Nacken vielleicht verspannt ist vom langen Geradehalten, oder die Oberschenkel ein wenig müde sind – tut es unendlich gut, sich für zehn, fünfzehn Minuten auf die Matte zu legen. Oft lege ich auch das kleine Kissen in den Nacken, besonders bei innerer Unruhe oder wenn ich das Gefühl habe, dass mein Nervensystem überfordert ist. Und dann einfach atmen. Spüren. Weicher werden.

Wenn ich auf Reisen bin und keine Möglichkeit habe, mir eine Massage zu gönnen, ersetzt mir die Pranamat oft genau diesen Moment der Berührung – sie ist wie eine stille Therapeutin, die nichts fordert, keine Termine braucht, sondern einfach da ist. Auch für all jene, die keine Zeit finden für regelmässige Körperbehandlungen, ist sie ein wunderbares Tool, um regelmäßig Spannungen zu lösen und sich selbst etwas Gutes zu tun. Es braucht kein grosses Ritual, keine lange Vorbereitung. Einfach hinlegen – vielleicht mit einer Decke, vielleicht mit Musik – und zulassen, was geschieht.

Ich habe in meinem Alltag kaum ein anderes Hilfsmittel gefunden, das so einfach und gleichzeitig so wirkungsvoll ist. Die Pranamat erinnert mich daran, dass Selbstfürsorge nicht kompliziert sein muss – nur konsequent. Und dass der Körper vieles kann, wenn wir ihm erlauben, sich selbst zu regulieren.

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Posted on July 11, 2025 .

Die stille Kunst des Alleinseins

Ich bin gerne allein. Nicht aus einem Mangel heraus, nicht weil ich Menschen meiden möchte – sondern weil ich diese besondere Qualität der Zeit mit mir selbst schätze. Ich mag Gesellschaft, liebe gute Gespräche, das Lachen in Gemeinschaft, die Energie, die zwischen Menschen entstehen kann. Und dennoch zieht es mich immer wieder in jene Räume zurück, in denen ich ganz bei mir bin – still, wach, durchlässig.

In den Retreats, die ich begleite, beobachte ich oft, wie schwer genau das für viele ist: die Augenblicke, in denen niemand spricht, in denen das Aussen still wird, in denen keine Ablenkung mehr da ist und nur noch man selbst übrig bleibt. Es ist ein Raum, der herausfordert – und gleichzeitig unglaublich viel schenken kann, wenn wir bereit sind, ihn zu betreten.

Deshalb möchte ich heute mit dir über das Alleinsein sprechen – über diese Form von Nähe, die nicht auf jemand anderen angewiesen ist. Über das stille Genährtsein von innen heraus. Und darüber, wie du lernen kannst, diese Zeiten nicht nur auszuhalten, sondern vielleicht sogar zu lieben.

Alleinsein ist nicht dasselbe wie Einsamkeit

Oft werden diese beiden Begriffe miteinander verwechselt, als gehörten sie zusammen – doch tatsächlich sind sie grundverschieden. Einsamkeit ist ein Gefühl des Mangels, eine Leere, die schmerzt. Man wünscht sich Verbindung, Nähe, Resonanz – und sie bleibt aus. Dieses Gefühl kann genauso gut inmitten einer Gruppe auftauchen wie am Abend in der stillen Wohnung.

Alleinsein dagegen ist ein Zustand. Nicht zwingend angenehm oder unangenehm, sondern offen. Es ist ein Raum, in dem du dir selbst begegnest – unverstellt, unkommentiert. Ein Raum, in dem du weder erklären noch funktionieren musst. Du bist einfach da – so wie du bist. Und wenn du es zulässt, kann daraus ein tiefes Gefühl von Verbundenheit entstehen: mit dir selbst, mit der Natur, mit einem Tier, mit dem Moment.

Die Kraft des Unbeobachteten

Wenn wir allein sind, entfällt das ständige Echo des Aussen. Niemand bewertet, niemand reagiert, niemand lenkt unsere Aufmerksamkeit nach draussen. Dadurch beginnt sich unser innerer Raum zu weiten – nicht immer sofort, manchmal erst nach einer Phase der Unruhe oder Langeweile.

Oft tauchen dann Gefühle auf, die wir im Alltag lieber wegschieben. Gedanken, die wir sonst nicht denken wollen. Fragen, die wir uns selten stellen. Und ja, das kann unbequem sein – aber es ist auch ehrlich. Es ist der Moment, in dem du wieder hörst, was du wirklich fühlst. In dem du spürst, was unter der Oberfläche schlummert. Und genau darin liegt die Kraft des Alleinseins: Es konfrontiert dich nicht – es lädt dich ein.

Wenn du diese Einladung annimmst, mit Neugier statt mit Widerstand, dann wirst du merken, dass du dir selbst viel näher bist, als du vielleicht dachtest. Dass da etwas in dir ist, das nicht beurteilt werden will, sondern einfach gesehen.

Einfach da sein – ohne etwas tun zu müssen

Für mich sind diese stillen Zeiten oft mit meinem Pferd Na’ima verbunden. Wir sind zusammen, aber wir reden nicht. Wir brauchen keine Worte, keine Absichten, keine Aufgaben. Wir stehen nebeneinander, atmen, schauen in dieselbe Richtung – und genau das genügt.

In solchen Momenten spüre ich, wie wohltuend es ist, einfach zu sein. Nicht produktiv, nicht erklärt, nicht gefordert. Es gibt nichts zu beweisen, nichts zu erreichen – nur dieses Dasein, das plötzlich weit wird.

Das Alleinsein erinnert mich daran, dass ich mich nicht ständig weiterentwickeln muss, um richtig zu sein. Dass nicht jede Minute mit Sinn gefüllt sein muss, um wertvoll zu sein. Manchmal entsteht die tiefste Form von Sinn genau dort, wo nichts passiert.

Wenn aus Stille Träume wachsen

Immer wenn ich über mehrere Tage allein bin – ohne zu viele Aufgaben, ohne Ablenkung – beginnen sich Gedanken zu klären. Aus dem Nebel des Alltags tauchen Bilder auf, manchmal Ideen, manchmal Wünsche, die ich vergessen hatte. Es ist, als würde die innere Stimme, die sonst übertönt wird vom Lärm des Tages, plötzlich wieder hörbar.

In dieser Leere entsteht Kreativität – nicht im Sinne von Machen, sondern im Sinne von Werden. Ich finde wieder Zugang zu dem, was mich ruft. Nicht weil ich es suche, sondern weil ich endlich still genug bin, es wahrzunehmen.

Wege zurück zu dir

Alleinsein kann man üben – und wie bei jeder Praxis beginnt es oft mit kleinen Schritten. Vielleicht magst du einmal ganz bewusst allein spazieren gehen, ohne Musik, ohne Ziel. Nur du, deine Schritte, der Wind. Wenn du ein Pferd hast, reite allein – spüre, wie sich euer Miteinander verändert, wenn kein Gespräch mehr dazwischen liegt.

Vielleicht wagst du es, ein Wochenende für dich allein zu verbringen – irgendwo, wo du dich sicher fühlst. Oder du gehst ins Kino, in ein Café, an einen Ort, der sonst mit Gesellschaft verbunden ist – und bleibst bei dir.

Auch in Retreats kannst du die Räume zwischen den Programmpunkten nutzen, um dir selbst zu begegnen. Nicht im Gespräch, sondern in der Stille.

Es geht nicht darum, dich zu isolieren – sondern darum, zu entdecken, wie reich diese Zeiten mit dir selbst sein können.

Denn dort, wo du lernst, dir selbst eine gute Gefährtin zu sein, wächst etwas still und kraftvoll heran: Vertrauen. Ruhe. Eine innere Weite, die dich trägt – auch dann, wenn das Leben wieder lauter wird.

Posted on July 7, 2025 .

„Sthira sukham asanam“ – ein alter Sanskrit-Vers, der auch im Sattel gilt

Wie Balance im Sattel auch unser Inneres verändert

Manchmal zeigt sie sich ganz leise – diese kleine Irritation im Körper, ein feines Kippen im Becken, ein unsicherer Moment beim Aufsteigen, das Gefühl, nicht ganz bei sich zu sein. Und manchmal überrascht sie uns wie ein Spiegel: das Pferd bleibt stehen, wird unruhig, zieht sich zurück – und zeigt uns damit etwas, das wir vielleicht selbst gerade nicht spüren. Unser Gleichgewicht.

Balance ist ein grosses Wort. Und doch so fein.

Sie beginnt nicht in der Muskulatur. Auch nicht in der perfekten Haltung. Sondern dort, wo wir bereit sind, wahrzunehmen: Wie bin ich gerade da? Wo sitze ich? Trägt mich die Erde – oder halte ich mich selbst?

Im Reiten wie im Yoga bedeutet Balance weit mehr als körperliche Stabilität. Sie ist ein Ausdruck von Verbindung, von innerer Zentrierung, von Präsenz im Moment. Eine Haltung, die aus dem Nervensystem kommt – nicht aus dem Willen. Wenn wir im Sattel sitzen, balancieren wir nicht nur unseren eigenen Körper auf einem sich bewegenden Lebewesen. Wir treten in Resonanz mit einem anderen Wesen, das unsere Spannung, unsere Schieflagen, unsere Atempausen unmittelbar spürt.

Wissenschaftlich gesehen ist dieser Prozess hochkomplex: Unser Gleichgewicht entsteht aus einem Zusammenspiel verschiedener Systeme – dem vestibulären Apparat im Innenohr, den Augen, den propriozeptiven Rückmeldungen aus Muskeln und Gelenken, sowie der Verarbeitung im Kleinhirn. Schon kleinste Impulse, etwa durch die Bewegung des Pferdes oder eine plötzliche Emotion, verändern unsere Haltung und damit die Art, wie wir auf das Pferd einwirken.

Eine Studie der Veterinärmedizinischen Universität Wien konnte zeigen, dass Reiter:innen mit einem differenzierten Körperbewusstsein deutlich stabiler im Sattel sitzen – nicht, weil sie mehr Kraft haben, sondern weil sie sich besser regulieren können. Es ist die Fähigkeit, in sich zu spüren, bevor etwas ins Aussen geht. Auch aus der Yogapraxis kennen wir diesen Moment: wenn ein Stand in Vrksasana (Baum) nicht durch Muskelkraft entsteht, sondern durch die innere Sammlung.

In der Hatha Yoga Pradipika, einem klassischen Yogatext, heisst es: „Sthira sukham asanam“ – eine Haltung soll stabil und zugleich leicht sein. Diese Qualität brauchen wir nicht nur auf der Matte, sondern gerade im Kontakt mit dem Pferd: Die Fähigkeit, aufgerichtet zu sein ohne zu erstarren. Wach im Körper zu bleiben, ohne sich zu kontrollieren.

Besonders schön zeigt sich das, wenn Menschen nach einer Yogasequenz zum Reiten gehen. Ihre Bewegungen sind weicher, der Atem ruhiger, die Hilfen feiner. Denn der Körper hat sich erinnert, dass Gleichgewicht nicht heisst, alles im Griff zu haben – sondern in Verbindung zu sein. Mit dem Boden. Mit dem Pferd. Mit dem eigenen Zentrum.

Neurophysiologisch betrachtet ist das kein Zufall. Studien zeigen, dass regelmässiges Gleichgewichtstraining – ob durch Reiten, Yoga oder bewusstes Barfussgehen – nicht nur die Koordination verbessert, sondern auch das Stresslevel senkt. Es beruhigt das autonome Nervensystem, stärkt die Selbstregulation und verbessert sogar die kognitive Leistungsfähigkeit. Oder anders gesagt: Wer Balance übt, wird nicht nur stabiler – sondern auch gelassener.

In meinen Retreats erlebe ich immer wieder, wie tief dieser Prozess gehen kann. Frauen, die sich im Alltag oft überfordert fühlen, die ständig funktionieren müssen, die sich selbst kaum noch spüren – finden in der Kombination von Reiten und Yoga einen Raum, in dem sie sich neu ordnen können. Nicht weil wir ihnen sagen, wie sie sitzen oder atmen sollen, sondern weil die Pferde und die Natur zu Spiegeln werden, in denen sie sich selbst wieder erkennen. Und weil der Körper – ganz ohne Druck – beginnt, sich neu auszurichten.

Vielleicht ist es genau das, was Balance letztlich bedeutet: nicht das perfekte Gleichgewicht, sondern die Bereitschaft, sich immer wieder zu regulieren. Zu spüren, wann wir zu viel geben oder zu wenig empfangen. Zu erkennen, wann Spannung zur Rüstung wird – und wann Loslassen nicht Kontrollverlust, sondern Vertrauen bedeutet.

Eine Einladung

Wenn du magst, nimm dir heute ein paar Minuten Zeit. Stelle dich barfuss auf die Erde – im Garten, im Stall, auf dem Waldweg. Spüre deine Füsse. Wie sie den Boden berühren. Schliess die Augen. Lass dein Gewicht sachte nach vorne rollen, zu den Zehen – und dann wieder zurück zu den Fersen. Spüre, wie du dich ganz ohne Anstrengung ausbalancieren kannst. Wie dein Körper sich selbst findet. Vielleicht ist genau das der erste Schritt – zu mehr Balance. Im Sattel. Im Körper. In deinem Leben.

Wenn du tiefer eintauchen möchtest in diesen Raum zwischen Aufrichtung und Weichheit, zwischen Kontakt und Rückzug – dann bist du bei unseren Reiten & Yoga Retreats genau richtig. Hier entsteht kein Gleichgewicht auf Knopfdruck. Sondern langsam. Echt. Und getragen von der Kraft der Pferde.

Posted on June 30, 2025 .

Meditation ist kein Ziel – sondern ein Raum, in dem du dich selbst wiederfindest

In einer Welt, die sich immer schneller dreht, in der To-do-Listen wachsen und Termine den Takt vorgeben, wächst bei vielen Menschen die Sehnsucht nach etwas, das sich nicht optimieren lässt – nach einem Raum, der nicht von außen bestimmt ist, sondern von innen entsteht. Meditation ist ein solcher Raum. Kein Ziel, das man erreicht, kein weiterer Punkt auf der Liste, sondern vielmehr eine Einladung, immer wieder zurückzukehren – zu sich selbst, zum Atem, zum gegenwärtigen Moment.

Oft begegnet uns Meditation in Form von Apps, Challenges oder Routinen, die versprechen, Stress zu reduzieren, Schlaf zu verbessern oder den Fokus zu schärfen. Das ist nicht falsch – doch es greift auch zu kurz. Denn in ihrer Tiefe ist Meditation kein Werkzeug zur Selbstoptimierung, sondern eine Praxis der Selbstbegegnung. Sie beginnt dort, wo die äußeren Stimmen leiser werden und du beginnst, deinem inneren Erleben Raum zu geben – ohne zu bewerten, ohne zu kontrollieren, einfach indem du da bist.

Auch die Wissenschaft hat sich in den letzten Jahren intensiv mit der Wirkung von Meditation beschäftigt – und liefert bemerkenswerte Erkenntnisse. Die Neurowissenschaftlerin Sara Lazar von der Harvard Medical School fand in einer vielzitierten Studie heraus, dass schon acht Wochen regelmäßiger Achtsamkeitsmeditation (täglich rund 27 Minuten) zu sichtbaren Veränderungen im Gehirn führen können. Die Dichte der grauen Substanz im Hippocampus – dem Bereich, der unter anderem für Emotionsregulation und Gedächtnis zuständig ist – nahm zu, während die Amygdala, die für die Verarbeitung von Angst und Stress zuständig ist, schrumpfte. Weitere Studien, unter anderem vom Max-Planck-Institut, bestätigen diese Effekte: Meditation kann nicht nur den Cortisolspiegel senken, sondern langfristig auch die Schmerzempfindung beeinflussen und das Mitgefühl stärken – gegenüber sich selbst und anderen.

Trotzdem bleibt Meditation ein zutiefst persönlicher Weg. Sie lässt sich nicht messen oder bewerten wie ein Trainingserfolg. Sie geschieht – oft im Kleinen, im Stillen, in Momenten, die sich kaum benennen lassen, aber lange nachwirken. Meditation ist eine Form der Bewusstseinslenkung, aber keine Form von Kontrolle. Sie lädt dich ein, deine Aufmerksamkeit behutsam dahin zu richten, wo du gerade bist – ohne zu urteilen, ohne dich anzustrengen. Genau wie beim Reiten entsteht Verbindung nicht durch Druck, sondern durch feine Wahrnehmung, durch Präsenz, durch Vertrauen in das, was ist.

Besonders schön ist es, wenn Meditation nicht an einen bestimmten Ort gebunden ist, sondern sich in dein Leben einfügt – auf der Weide, im Stall, am frühen Morgen, wenn die Welt noch still ist. Eine kleine Übung, die du jederzeit durchführen kannst, braucht nichts weiter als deine Bereitschaft, für einen Moment still zu werden.

Kleine Meditation für dich: “Still werden im Raum, der dich trägt”

Dauer: etwa 7–10 Minuten

Suche dir einen Ort, an dem du für ein paar Minuten ungestört bist. Vielleicht sitzt du auf einem Baumstamm am Wegrand, vielleicht stehst du neben deinem Pferd auf der Koppel, vielleicht bist du in einem stillen Raum bei dir zu Hause. Spüre den Boden unter dir – spüre, wie er dich trägt. Schließe, wenn du möchtest, die Augen und nimm wahr, wie dein Atem kommt und geht, ohne dass du ihn verändern musst. Erlaube dir, für einen Moment einfach da zu sein – ohne Aufgabe, ohne Ziel.

Wenn Gedanken auftauchen – und das werden sie – nimm sie wahr wie Wolken am Himmel. Sie ziehen vorbei, und du bleibst. Vielleicht legst du eine Hand auf dein Herz, spürst den Rhythmus unter deinen Fingern. Und vielleicht stellst du dir dann die Frage: Was ist jetzt wirklich da? Lass die Antwort kommen oder nicht – es geht nicht ums Wissen, sondern ums Spüren. Beende die Meditation, wenn du so weit bist, mit einem stillen Dank: an dich selbst, an diesen Moment, an das Leben, das dich atmen lässt.

In einer Welt, die oft laut ist, kann Meditation ein stiller Gegenentwurf sein – nicht um sich abzukapseln, sondern um tiefer in Verbindung zu treten: mit dir selbst, mit dem Augenblick, mit allem Lebendigen um dich herum. Sie ist kein Ziel, das man erreichen muss – sondern ein Raum, den du immer wieder betreten darfst. Und vielleicht ist das, was du dort findest, jedes Mal ein wenig anders – und doch immer vertraut.

Posted on June 23, 2025 .

Was Pferde über unsere Beziehungen verraten

Eine stille Begegnung – und was sie in uns berührt

Es beginnt oft im Kleinen.

Ein Pferd, das zögert.

Ein Schritt, der nicht kommt.

Ein Blick, der ausweicht.

Und plötzlich zeigt sich etwas, das sonst verborgen bleibt. Kein lautes Drama – sondern feine, untrügliche Signale. Ein inneres Stocken. Ein alter Reflex. Etwas in uns, das sich nicht sicher fühlt. Oder zu sehr bemüht.

Pferde sind Spiegel. Nicht im psychologischen Sinn, sondern auf einer ganz unmittelbaren Ebene. Sie spüren, wenn wir nicht ganz da sind. Wenn unsere Energie nicht mit unseren Bewegungen übereinstimmt. Wenn wir uns selbst nicht spüren – oder etwas zu kontrollieren versuchen.

Beziehung geschieht im Dazwischen

In unseren Retreats erleben viele Frauen das zum ersten Mal bewusst: Dieses feine Echo, das das Pferd auf ihr Inneres gibt. Nicht in Worten, sondern in Reaktionen.

Wenn du vor dem Pferd stehst,

nicht weißt, was du tun sollst –

und beginnst, dich selbst zu spüren.

Manchmal zeigt das Pferd Distanz, manchmal bleibt es stehen, manchmal kommt es auf dich zu –

nicht, weil du etwas richtig gemacht hast, sondern weil du wirklich da bist.

Das ist der Beginn von echter Beziehung. Nicht nur zwischen dir und dem Pferd –

ondern auch zu dir selbst.

Was dahinter geschieht – ein Blick in die Forschung

Die Reaktion der Pferde ist kein Zufall. Sie beruht auf einem tief verankerten Instinkt. Als Herdentiere sind Pferde hochsensibel für Körpersprache, Energie und nonverbale Signale – ein Überlebensvorteil in der freien Wildbahn.

Studien belegen:

Pferde reagieren differenziert auf menschliche Emotionen, Herzfrequenz und Muskelspannung. Sie erkennen feinste Mikroveränderungen – oft noch bevor wir sie selbst wahrnehmen. Eine 2016 veröffentlichte Studie der University of Sussex zeigte, dass Pferde sogar menschliche Gesichtsausdrücke unterscheiden und darauf emotional reagieren können.

Zudem wurde in neueren Arbeiten untersucht, wie Herzfrequenzvariabilität – ein Maß für Stressregulation – sich beim Menschen verändert, wenn er mit einem Pferd in achtsamer Verbindung tritt. Ergebnis: Das Nervensystem kommt zur Ruhe. Der Parasympathikus – der sogenannte „Ruhenerv“ – wird aktiviert.

Kurz gesagt:

Das Pferd spürt dich. Auch dort, wo du dich selbst noch nicht ganz spürst.

Wenn Nähe nicht gemacht, sondern erlaubt wird

Pferde folgen keiner Taktik.

Sie „lesen“ nicht – sie fühlen.

Sie laden dich nicht ein, um dich zu analysieren – sondern um da zu sein.

Das ist nicht immer leicht. Denn viele von uns haben gelernt, zu funktionieren. Stark zu sein. Schnell zu reagieren. Erwartungen zu erfüllen. Doch Pferde folgen nicht dem, was wir gelernt haben. Sie folgen dem, was echt ist.

Und genau das macht sie zu so feinen Begleitern – besonders, wenn es um Beziehung geht.

Beziehung beginnt bei dir

Wie du dich bewegst,

ob du Raum gibst oder nimmst,

ob du klar bist oder schwankst –

all das wird sichtbar.

Nicht, um bewertet zu werden. Sondern um dir selbst zu begegnen. Manche Frauen erzählen später,

dass sie durch einen Moment mit dem Pferd etwas verstanden haben, was in keiner Gesprächstherapie je greifbar wurde.

Nicht, weil das Pferd mehr weiß. Sondern weil es nicht urteilt. Weil es nur reagiert – ehrlich, präsent, wach.

Und wenn es still wird…

…dann kann etwas Neues entstehen. Nicht durch Worte, sondern durch Spüren.

Durch ein Innehalten.

Ein Ankommen.

Ein Miteinander, das nichts braucht – außer Wahrhaftigkeit.

In diesen Momenten entsteht Beziehung – echt, klar, weich zugleich. Und oft ist das der Beginn von etwas, das weiter wirkt – auch lange nach dem Retreat.

Posted on June 16, 2025 .