Wenn das Herz flattert – mit Visualisierung Angst und Unsicherheit im Sattel überwinden

Es gibt diese Momente.
Das Pferd schnaubt, die Zügel liegen locker in der Hand – und doch zieht sich innerlich alles zusammen.
Das Herz beginnt zu rasen, Gedanken kreiseln, die Beine werden weich.
Angst.
Manchmal leise, manchmal laut – und oft ganz ohne erkennbaren Grund.

Doch was, wenn wir dieser Angst mit etwas ganz Einfachem begegnen könnten? Mit der Kraft unserer Vorstellung?

Angst ist kein Feind. Sie will gehört werden.

Zunächst einmal: Angst ist nicht falsch.
Sie ist ein Teil von uns, ein innerer Wächter. Sie will schützen.
Aber manchmal wird sie übermächtig – nicht, weil die Situation wirklich gefährlich ist, sondern weil unser Nervensystem überfordert ist.

Visualisierung kann hier ein sanfter Schlüssel sein.

Was im Körper passiert, wenn wir Angst haben

Angst ist eine biologische Reaktion. Im Zentrum steht dabei ein kleiner mandelförmiger Bereich im Gehirn: die Amygdala.

Sie ist Teil des limbischen Systems und spielt eine zentrale Rolle bei der Verarbeitung von Emotionen – vor allem von Furcht.

Sobald die Amygdala eine Situation als potenziell gefährlich einstuft – auch wenn es nur ein Schatten oder ein Geräusch ist – aktiviert sie den sogenannten Fight-or-Flight-Modus:

  • Die Herzfrequenz steigt

  • Die Atmung wird flacher

  • Der Muskeltonus erhöht sich

  • Die Verdauung wird heruntergefahren

  • Der präfrontale Kortex (zuständig für rationales Denken) wird gehemmt

Das bedeutet: Wir können in diesen Momenten kaum klar denken – unser System bereitet sich aufs Überleben vor.

Das Problem: Die Amygdala reagiert nicht nur auf reale, sondern auch auf vorgestellte Bedrohungen. Schon allein der Gedanke an einen Kontrollverlust im Sattel kann reichen, um diesen Alarm auszulösen.

Visualisierung: der beruhigende Gegenspieler

Und genau hier setzt Visualisierung an:

Denn genauso, wie die Amygdala durch negative Vorstellungen aktiviert wird, kann sie durch positive innere Bilder beruhigt werden.

Stellen wir uns eine sichere, freudvolle Reitsituation intensiv vor, sendet das Gehirn andere Signale:

  • Der Parasympathikus (Ruhe-Nerv) wird aktiviert

  • Die Amygdala fährt herunter

  • Der präfrontale Kortex wird wieder aktiv

  • Hormone wie Serotonin und Oxytocin können ausgeschüttet werden

    Wir fühlen uns ruhig, verbunden und klar.

Es ist wie ein innerer Schalter, den wir bewusst umlegen können – über Vorstellung, Atem und Achtsamkeit.

Eine einfache Visualisierungsübung für mehr Vertrauen

Schritt 1: Komm zur Ruhe

Setz dich an einen stillen Ort. Schließe die Augen. Atme tief ein und lang aus. Drei bis fünf bewusste Atemzüge genügen, um im Moment anzukommen.

Schritt 2: Wähle ein kraftvolles Bild

Stell dir eine Situation vor, in der du dich sicher und verbunden mit deinem Pferd fühlst. Vielleicht ein gemütlicher Ausritt, ein harmonisches Zusammensein im Gelände, ein weicher Galopp auf vertrautem Boden.

Schritt 3: Geh ins Detail

Welche Farben siehst du?

Wie riecht die Luft?

Was spürst du im Körper?

Wie fühlt sich das Fell deines Pferdes an unter deiner Hand?

Lass das Bild lebendig werden.

Bleib 3–5 Minuten in dieser Vorstellung.

Schritt 4: Verankere das Gefühl

Wenn du das Gefühl von Ruhe und Vertrauen in dir spürst, lege die Hand auf dein Herz. Nimm wahr, wie es sich anfühlt, dort zu reiten – mit dieser Klarheit, dieser Verbindung.

Du kannst dieses Bild vor jedem Ritt innerlich aufrufen – wie einen sicheren Ort, zu dem du jederzeit zurückkehren kannst.

Gedanken, die dir Mut machen können

“Ich muss nichts beweisen. Ich darf einfach sein.”

“Ich bin verbunden – mit mir, mit dem Pferd, mit dem Moment.”

“Ich atme. Ich bin hier. Und ich darf mich führen lassen.”

Diese Sätze kannst du als kleine Anker nutzen – beim Satteln, beim Aufsteigen, beim Reiten. Du wirst merken: Mit der Zeit verändert sich etwas. Du wirst ruhiger, klarer, präsenter.

Innere Bilder verändern äußere Realität

Es geht nicht darum, Angst zu „besiegen“.
Sondern darum, ihr einen anderen Platz zu geben.
Mit jeder bewussten Visualisierung stärkst du deine innere Führung – und gibst deinem Nervensystem das Signal:

Ich bin sicher. Ich kann vertrauen.

Manchmal braucht es nur ein Bild, um uns daran zu erinnern, wie viel Kraft in uns liegt.
Und dass das Herz nicht nur flattern kann – sondern auch fliegen.

Posted on June 10, 2025 .