Do Nothing

Ich höre momentan Do Nothing von Celeste Headlee, und dieses Buch trifft einen Punkt, der in unserem Alltag oft untergeht. Headlee beschreibt sehr klar, wie wir in eine Kultur hineingeraten sind, in der Beschäftigtsein als Normalzustand gilt und in der wir Leistung ständig mit persönlichem Wert vermischen. Während ich zuhöre, merke ich, wie vertraut mir vieles davon ist. Nicht, weil ich es will, sondern weil ich über Jahre genau in diesem Muster gelebt habe (und manchmal auch immer noch lebe).

Was mir gefällt: Sie romantisiert Pausen nicht. Sie zeigt, wie sehr unser Nervensystem unter Daueranspannung steht, wenn wir keinen Raum lassen, in dem nichts passiert. Und sie zeigt auch, wie schnell wir anfangen, selbst die freien Momente zu optimieren – als müsste jede Minute messbar sein. Ich erkenne mich darin wieder. Ich war lange jemand, der dachte, dass ein voller Kalender Sicherheit bedeutet. Heute spüre ich eher, wie erschöpfend dieses Tempo ist.

Was ich spannend finde: Genau das, worüber Headlee schreibt, spielt in meinen Retreats eine grosse Rolle. Ich, aber auch alle Yoga-Lehrerinnen, die mit mir arbeiten, vermitteln immer wieder, wie wichtig es ist, Pausen einzulegen, innezuhalten und einmal ruhiger zu werden. Viele Retreats sind bewusst langsam, besonders die Reiten & Yoga Retreats mit viel Schritt. Und gerade dann kommen oft Themen hoch. Die Teilnehmerinnen sind lange mit sich selbst unterwegs, und viele merken, wie ungewohnt es geworden ist, einfach nur zu sein – mit dem Pferd, mit der Landschaft, mit der Stille –, ohne etwas leisten zu müssen oder ständig beschäftigt zu sein.

Ich sehe dieses innere Ringen häufig: der Wunsch, sich zu beschäftigen, obwohl der eigentliche Wert genau im Nichtstun liegt. Und trotzdem finde ich gerade diese Momente wichtig. Sie zeigen viel, sie öffnen etwas, und sie machen sichtbar, wie sehr wir uns an Tempo und Ablenkung gewöhnt haben. Ich merke, wie sich meine Retreats immer mehr in diese Richtung entwickeln. Weg von „höher, schneller, weiter“, hin zu mehr Klarheit, Raum und Einfachheit. Versteh mich nicht falsch: Ich bin ein grosser Fan von Tempo, und ich liebe unsere Retreats in Marokko. Aber auch dort gibt es unzählige Momente, in denen nichts passiert ausser Sein. Ich schätze unser Team dort sehr, weil die Mitarbeitenden Zeit haben. Zeit, um miteinander zu reden, um einen Witz zu machen, um präsent zu sein. Sie sind nicht gestresst, und das spürt man sofort.

Headlee bezieht sich auf Forschung aus Psychologie und Arbeitssoziologie, die klar zeigt, dass Pausen nicht das sind, was übrig bleibt, wenn alles erledigt ist, sondern die Grundlage dafür, dass wir überhaupt nachhaltig denken und handeln können. Trotzdem halten viele an der Idee fest, dass erst Leistung kommt und dann Erholung. Dieses Muster sitzt tief.

„Nichts tun“ klingt banal, ist aber in Wahrheit ein klarer Gegenentwurf zu dem, was wir gewohnt sind. Es bedeutet, die Lücken nicht sofort zu füllen. Es bedeutet, auszuhalten, dass man einmal nicht produktiv ist. Und es bedeutet auch, sich selbst wieder ernst zu nehmen.

Das Buch von Celeste Headlee kann ich dir empfehlen.

Den Link dazu findest du hier >>

Posted on December 8, 2025 .